Wie viele Antworten kann die Kirche auf die Frage geben und dabei Kirche bleiben? Christian Stettler, neu Privatdozent an der Uni Zürich, hat dargelegt, dass die Autoren des Neuen Testaments eindeutig vom Evangelium reden.

Die Zürcher Landeskirche ist laut ihrer Ordnung „allein dem Evangelium von Jesus Christus verpflichtet“. Aber was ist das Evangelium? Um dem gesellschaftlichen Pluralismus zu entsprechen, wird in den reformierten Kirchen der Inhalt weithin offengelassen. Unter Theologen ist es Mode, die Vielstimmigkeit des Neuen Testaments zu betonen. Die Reformierten antworten leichthin oder widersprüchlich auf die Frage, was das Evangelium ist, oder drücken gar sich um eine Aussage.

Als einen Beitrag zur Vorbereitung des Reformationsjubiläums bezeichnete Pfr. Dr. Christian Stettler seine Antrittsvorlesung an der Uni Zürich am 19. September. Mit Stellen von Paulus, der Apostelgeschichte und Markus wies er auf, dass Autoren des Neuen Testaments übereinstimmend vom Evangelium reden, obwohl sie unterschiedliche Akzente setzen.

Der Inhalt des Evangeliums, so Stettler, ist nicht beliebig interpretierbar und in andere Begriffe oder Bilder übersetzbar. Denn es berichtet ein „geschichtliches Geschehen im Zusammenhang mit der geschichtlichen Person Jesus von Nazareth“. Dazu gehört die stark bezeugte Auferstehung Jesu (1. Korinther 15,1-8) – „auch wenn das unserem Verständnis von Geschichte zuwiderläuft“. Das öffentliche Wirken Jesu, sein Tod und die Auferstehung sind vom Alten Testament her zu verstehen, die Interpretation muss sich an ihm messen lassen.

Nach Stettler ergibt sich so „ein reiches, aber in sich konsistentes Bild des Evangeliums“ als Botschaft von einer geschichtlichen Gestalt und ihrer universalen Bedeutung. „Das Evangelium wandelt sich nicht, weil sich die geschehene Geschichte nicht wandeln kann.“ Moderne Deutungen, die den jüdischen Wurzelgrund der biblischen Deutung dieser Geschichte leugnen oder ablehnen (Stettler nannte Bultmann), sind nicht angemessen, ebenso postmoderne Zugänge, die für die Beliebigkeit der Interpretationen plädieren.

Der Theologe appellierte an die Zuhörer in der Aula der Zürcher Universität, „dem Evangelium mit Offenheit zu begegnen, so fremd es uns scheinen mag“. So könnten auch die Realität und die Kraft des Messias Jesus erfahren werden.

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