Denkmalschutz und Klimaschutz – und der Unwille zu sparen

20. Dezember 2021 – Wie sollen die Kirchgemeinden mit ihren historischen Gebäuden umgehen angesichts des Klimawandels? Mehr als diese Frage gab das Budget 2022 in der Herbst-Kirchensynode am 23. November zu reden. Die Evangelisch-kirchliche Fraktion machte sich mit einer Erklärung stark für echte Vielfalt in der Kirche. Eine Aussprache zu Vorhaben des Kirchenrats, die sie eröffnete, wurde von den Religiös-Sozialen abgewürgt.

Nach dem Synodalgottesdienst, in dem Thomas Villwock eine Meditation über die Zwischenzeit zwischen Ewigkeitssonntag und 1. Advent mit Offenbarung 3,20 abschloss, trafen sich die Synodalen in der Messehalle 9.

Für das Budget 2022 der Zentralkasse lag der Synode ein Sparantrag der Minderheit der Finanzkommission vor: Statt 107 solle der Kirchenrat nur 106 Millionen ausgeben, dies im Blick auf das absehbare Schrumpfen der Steuereinnahmen 2023, welches der Kirchenrat mit höheren Beiträgen der Kirchgemeinden beantworten will.

Kirchgemeinden ab 2023 höher belasten?

Jetzt sparen! Rolf Gerber von der Finanzkommission.

Eben dies lehnte Rolf Gerber, Sprecher der Kommissionsminderheit ab: «Wir sollten jetzt Gegensteuer geben, um für die Zukunft besser gerüstet zu sein und um die Kirchgemeinden zu schonen.» Wenn die Landeskirche jetzt nicht zu sparen beginne, werde der Aufwandüberschuss immer grösser (der Finanzplan prognostiziert 5-8 Millionen bis 2026). Es gelte zeitig ein Zeichen zu setzen, sagte Gerber. «Ohne Sparanstrengungen werden wir das Kirchenschiff nicht auf Kurs halten.»

Der Präsident der Kommission, Gerhard Hubmann, hatte eingangs ein «Sparprogramm auf Vorrat» als unnötig erachtet. Die für Finanzen zuständige Kirchenrätin Katharina Kull vermeldete einen nochmaligen Zuwachs der Nettosteuererträge der Zürcher Kirchgemeinden auf 231 Millionen Franken. Dies habe auch zu geringeren Anträgen für Finanzausgleich geführt.

Wo kann gespart werden?
Hannes Aeppli lenkte die Aufmerksamkeit auf den Stufenanstieg für Pfarrpersonen und Angestellte der Gesamtkirchlichen Dienste (er kostet jährlich 800’000 Franken). Das Giesskannenprinzip sei nicht mehr zeitgemäss. In Kirchgemeinden erhielten Angestellte oft keinen Stufenanstieg.

Matthias Reuter wandte sich gegen das «Sparen zulasten des Personals»; unwirsch äusserte der Präsident der Religiös-sozialen Fraktion, die Diskussion darüber sei nicht im Rahmen der Budgetdebatte zu führen. Benedict von Allmen widersprach: Wo wenn nicht in der Budgetdebatte ist über Löhne zu sprechen? Die Kirchgemeinden würden viel grössere Probleme bekommen, wenn sie mehr in die Zentralkasse abliefern müssten.

Pfarrerlöhne
Kirchenratspräsident Michel Müller informierte, dass für Pfarrerinnen und Pfarrer der Stufenanstieg zu Beginn stärker ausfällt als gegen Ende. Mitarbeitende der GKD erhalten im Rahmen eines Gesamtbetrags, den der Kirchenrat beschliesst, individuelle Stufenanstiege. Ein genereller Verzicht auf diese sei der Personalentwicklung nicht zuträglich. Bei Pfarrern gebe es keine leistungsabhängige Bewertung. Nach einer Umfrage – nicht allein unter Quereinsteigern, sondern bei allen Pfarrpersonen – wolle der Kirchenrat die Entlöhnung feiner regeln.

Im Votum von Giorgio Girardet kamen die Gymnasiallehrer in den Blick – und die Sparmassnahmen des Kantons in der Ära Buschor. Der Vertreter der Chiesa Evangelica di Lingua Italiana di Zurigo erwähnte, dass die Pfarrer der Waldenserkirche in Italien monatlich 900 Euro plus Naturalleistungen erhalten (der durchschnittliche Netto-Jahreslohn der Zürcher Pfarrer liegt bei 151’000 Franken). Nachdem Beat Schweizer seine Sorge über die Perspektive mittelfristig hoher Defizite bekundet hatte, schritt Synodepräsidentin Simone Schädler zur Abstimmung. Nur ein Viertel der 104 Synodalen unterstützte den Sparantrag; in der Schlussabstimmung passierte das Budget mit 95 zu 2 Stimmen bei 7 Enthaltungen.

Zeitig das Gespräch suchen: Martin Breitenstein zum Denkmalschutz-Papier des Kirchenrates.

Denkmalschutz vs. Klimaschutz
Ohne eingehende Diskussion wurde eine Postulatsantwort des Kirchenrats zu «Denkmalschutz und Klimaschutz» zur Kenntnis genommen. Der Präsident der vorberatenden Kommission Martin Breitenstein bescheinigte dem Kirchenrat, differenziert festgehalten zu haben, «dass und wie die Landeskirchen auch im Spannungsfeld zwischen Denkmal- und Klimaschutz ins säkulare Recht eingefasst sind». Er riet Kirchgemeinden, die Denkmalpflege früh in ihre Vorhaben miteinzubeziehen. «Informelle Verhandlungslösungen sind erfolgreicher als langwierige Rechtsmittelverfahren.» Verhandlungsspielraum bestehe auch, «weil es beim Denkmalschutz relativ viele unbestimmte Rechtsbegriffe gibt und breites Ermessen».

Martin Breitenstein zitierte den obersten Heimatschützer Martin Killias: Auf den Dächern schutzwürdiger Bauten könne die Klimawende nicht gewonnen werden. Er pflichtete dem Kirchenrat bei: Energetische Massnahmen müssen mit hoher baukultureller Qualität umgesetzt werden. «Weitere sorgsame Optimierungen sind auch bei denkmalgeschützten Objekten möglich.» Die Kommission rate, bei Gebäudeanalysen für den «Grünen Güggel» Denkmalschutz-Gesichtspunkte zu integrieren, sagte ihr Präsident. Das Postulat wurde mit einzelnen Gegenstimmen abgeschrieben.

Nach der Mittagspause war die EKS-Präsidentin Rita Famos in der Synode zu Gast. Sie hielt eine Vorschau auf die Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) im Spätsommer 2022 in Karlsruhe und lud zur Teilnahme ein.

Der Wert der Bezirkskirchenpflegen
Die Evangelisch-kirchliche Fraktion (EKF) hatte eine Aussprache über die Vernehmlassungen des Kirchenrats von Anfang Jahr beantragt. Pfr. Christian Meier konstatierte grosse Widerstände gegen die Vorhaben des Kirchenrats: 82% der Vernehmlassungsteilnehmer lehnten die Abschaffung der Bezirkskirchenpflegen ab, ähnlich viele eine synodale Aufsichtskommission und die Visitation durch den Kirchenrat. (Der Kirchenrat sieht daher vorerst davon ab, die Bezirkskirchenpflegen abzuschaffen.)

Dies macht laut Meier klar, dass «kein weiterer Abbau des Milizsystems» gewünscht wird. «Der Kirchenrat hat die Weiterentwicklung falsch antizipiert und muss sein Vorgehen korrigieren.» Die Bezirkskirchenpflegen seien zu stärken, sagte Christian Meier, etwa mit einem eigenen kantonalen Sekretariats- und Rechtsdienst.

Kirchenrat vs. Basis: Aussprache der Synodalen …
Kritik übte der Gossauer Pfarrer auch am Verhaltenskodex. «Der Kirchenrat will den kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit diesem Dokument nicht nur ein Verhalten, sondern auch eine Gesinnung auferlegen.» Im 2020 beschlossenen Kodex (über den die Synode nicht befinden kann) wird verlangt, dass Seelsorgende von sich aus nicht Begriffe und Kategorien wie Schuld, Strafe, Opfer einbringen oder unhinterfragt verwenden. «Der Kirchenrat traut seinem qualifizierten Fachpersonal keinen verantwortungsbewussten und achtsamen Umgang zu.» Dies sei in der Vernehmlassung zu Recht kritisiert worden.

Als dritten Punkt nannte Meier, dass viele kirchliche Freiwillige künftig einen Privat- und Sonderprivatauszug aus dem Strafregister einreichen müssen. Auch dies werde an der Basis mehrheitlich abgelehnt; der Kirchenrat aber halte daran fest. «Die Freiwilligenarbeit wird als ein Grundpfeiler des kirchlichen Engagements in Frage gestellt.»

Christian Meier zeigte sich irritiert und konsterniert über das Desinteresse des Kirchenrats an der Basis. Dort wachse der Unmut. Meier fragte die Synodalen, wie sie sich dazu stellten. «Müssen wir als Synode nicht die Haltung der Kirchenbasis stärken?»

… abgewürgt!
Nach wenigen Voten trat der Fraktionspräsident der Religiös-Sozialen Matthias Reuter ans Mikrofon und beantragte den Abbruch der auf eine Stunde anberaumten Aussprache. Der Ordnungsantrag wurde mit den Stimmen der rsf (49:43 bei neun Enthaltungen) genehmigt und die Rednerliste geschlossen.

Zu Wort kamen noch wenige. Ivan Walther rief zum Schutz des Milizsystems auf; dieses sei ein Schatz. Die Kirche habe möglichst niederschwellige Räume zu schaffen. Michael Wiesmann, wegen seines Wegzugs zum letzten Mal dabei, verteidigte den Sonderprivatauszug. Jacqueline Sonego Mettner und Gerda Zbinden, beide von der rsf, taten es ihm gleich, im Blick auf den Schutz der Schwächsten.

Die Evangelisch-kirchliche Fraktion liess sich mit einer Erklärung zu grundsätzlichen Fragen des Kirche-Seins vernehmen (hier weiterlesen).

Die EKS-Präsidentin Rita Famos lädt die Synodalen zur ÖRK-Vollversammlung 2022 nach Karlsruhe ein.

Gegen «Zweiklassen-Situation»
In der Fragestunde antwortete Kirchenratspräsident Michel Müller auf Fragen von drei Synodalen. Karin Baumgartner hatte sich nach den Bedingungen erkundigt, unter welchen Gottesdienste stattfinden können. Laut Müller duldet das BAG die Übertragung eines Gottesdienstes in einen Nebenraum, wo kein Zertifikatspflicht besteht – nicht aber die Trennung im selben Raum. Der Kirchenrat wolle verhindern, dass eine «Zweiklassen-Situation» empfunden werde.

Kirchgemeinden in der Evangelischen Allianz
Manuel Amstutz und Corinne Duc erkundigten sich beim Kirchenrat, wie er die Mitgliedschaft von Kirchgemeinden in der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA) einschätze. Laut Michel Müller können zwar «Mitglieder der Kirchgemeinde nicht auf die Werte der SEA verpflichtet werden, wenn eine Kirchgemeinde den Beitritt beschliesst. Insofern aber die Kirchgemeinde und Pfarrpersonen sich dann in ihrem Handeln allenfalls den Werten der SEA unterordnen, können Mitglieder in ihrer eigenen Glaubensfreiheit, deren Schutz und Rahmen durch die Kirchenordnung vorgegeben ist, bedrängt werden.» Müller unterstellte, es gebe «Bekenntnisse und Verpflichtungen der SEA», welche über die in der Kirchenordnung (Art. 3-5) genannten hinausgehen. Diese könnten für Kirchgemeinden nicht massgeblich sein.

Angesichts der Pandemie gab Jacqueline Sonego Mettner in einem Statement ihrer Erwartung Ausdruck, dass sich der Kirchenrat klar fürs Impfen ausspreche. Dass Menschen nicht «mit der grössten Selbstverständlichkeit die Möglichkeit ergreifen», die Krise zu beenden, verstehe sie nicht. «Es kann nicht sein, dass eine laute Minderheit von Unvernünftigen den Weg zum Ende der Pandemie verbaut.»

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