Die Kirchensynode hat sich am 17. September mit dem Bildungskonzept des Kirchenrats auseinandergesetzt und ihm nur knapp zugestimmt. Bei der Abnahme des Jahresberichts traten zahlreiche Facetten der Landeskirche ans Licht. Die im März eingereichte Interpellation zu fresh expressions of Church konnte nicht mehr behandelt werden.

Das Bildungskonzept, vom Kirchenrat im Frühjahr zurückgezogen und überarbeitet, stiess in der Synode auf Vorbehalte. Das Konzept, das in ein Plädoyer für eine Zürcher Stadtakademie mündet, nahmen nur 47 Synodale zustimmend zur Kenntnis. 38 verweigerten ihre Zustimmung, 3 enthielten sich. Die vorberatende Kommission hatte im Frühjahr eine Überarbeitung des Bildungskonzepts erwirkt, welches die Synode 2012 mit einer Motion verlangt hatte. Nun beantragte die Kommission einstimmig zustimmende Kenntnisnahme. Das Bildungskonzept im Wortlaut und in Kürze

Postmaterielle ansprechen

In der geplanten Stadtakademie in Zürich will die Landeskirche sich profiliert reformiert vernehmen lassen und sich mit der Theologie öffentlich ins Gespräch bringen. Die Angebote sollen auf postmateriell gestimmte Menschen und Experimentalisten ausgerichtet werden. Wie in Zürich würden auch in Basel, Bern und St. Gallen Stadtakademien entstehen, schreibt der Kirchenrat im Konzept. Und hoffnungsfroh: „Für eine zunehmende Zahl von Leuten ist die Stadtakademie ihr kirchlicher Ort“. Sie soll „alle Themen, auch hochkomplexe, auf Augenhöhe“ diskutieren und mit dem Kloster Kappel und den Kirchgemeinden verbunden sein.

Freier Dialogort – oder Forum für den Kirchenrat?

Die Kommission der Synode befand, mit dem Konzept liege eine Basis für die Stadtakademie vor. Allerdings müssten in der Vorlage zu ihrer Finanzierung (die bald folgen soll) ihre Themen konkreter benannt werden. Sie müsse – bei allen kirchenrätlichen Zielen – inhaltlich frei arbeiten können, sagte die Kommissionssprecherin Jacqueline Sonego Mettner. Mit der Ausrichtung auf „städtische Lebenswelten“ bleibe unklar, an wen sich die Stadtakademie richten solle.

Bildung, die Glauben weckt?

In der Synodeversammlung wurde das Konzept nicht frontal kritisiert, aber mehrere Synodale liessen erkennen, dass es ihnen mit seiner bezugsreichen Argumentation zu wenig griffig, bezüglich Kirchgemeinden nicht genug klar, zu vage oder „nichtssagend“ ist. (Nicht erwähnt wurde in der Debatte, was die Kirchenordnung grundsätzlich festhält: dass Bildung zum evangelischen Glauben hinführt und ihn „durch die Weitergabe der biblischen Botschaft und der christlichen Überlieferung … zu wecken und zu vertiefen sucht“. Wie man künftig daran arbeiten will, führt das Konzept nicht aus.)

Die Abstimmung, in der 38 von 88 Synodalen dem Konzept die Zustimmung verweigerten, deutet auch auf verbreitete Vorbehalte gegenüber der geplanten Stadtakademie. Nach dem kostspieligen Niedergang von Boldern, dessen Erwachsenenbildung den Kirchgemeinden fern gerückt war, in einer Zeit des Sparzwangs und des Fragens nach dem Überleben von Kirchgemeinden lassen sich die Zweifel am Sinn des kirchenrätlichen Bildungsprojekts nicht mit schönen Worten ausräumen. Auch wenn reformierte Präsenz im säkularisierten urbanen Raum ein dringender Wunsch ist.

Die Kirche und die Milieus

Am meisten Zeit nahm am 17. September der Gang durch den vom Kirchenrat verfassten Jahresbericht 2012 in Anspruch. Dabei ging es auch um die Bedeutung der Milieus für die Tätigkeit der Kirche. Mehrfach wurde auf die Milieustudie Bezug genommen, welche die Landeskirche und der Zürcher Stadtverband 2011 erstellen liessen. (2012 wurde sie mit einem erläuternden Begleitband veröffentlicht.) Der Synodale Lukas Maurer kritisierte, dass man aufgrund der Studie sage, die Kirche „erreiche nur noch 2-3 Milieus“. Michel Müller präzisierte, diese Milieus fühlten sich von der Kirche selbstverständlich angesprochen. Doch das Manko, das die Studie offengelegt habe, solle nicht verdrängt werden: „Wie erklären wir sonst, dass wir nur 1-2 Prozent Beteiligung am Gottesdienst haben?“

Vor diesem Hintergrund brachte der Synodale Viktor Juzi ein Postulat ein, das vom Kirchenrat eine „Analyse über aktive und attraktive Gemeinden“ fordert. Sie solle „Kirchenpflegen, Pfarrpersonen, Mitarbeitenden und der Synode wesentliche Impulse über mögliche Inhalte, Arbeitsweisen, Organisation, usw. der Gemeindearbeit, des Gemeindelebens und des Gemeindeaufbaus geben“. Im November wird über die Überweisung des Postulats entschieden.

Werbung fürs Theologiestudium

Synodepräsident Kurt Stäheli sprach 50 Jahre nach seiner Konfirmation vom Verlust früherer Selbständigkeiten. Die Gesellschaft habe sich tiefgehend gewandelt. Früher wies der Pfarrberuf ein hohes Sozialprestige auf. Heute haben die Reformierten, den Pfarrermangel vor Augen, fürs Theologiestudium zu werben. Kirchenratspräsident Michel Müller teilte mit, dass sich nach dem ersten Durchgang von Campus Kappel bisher eine Person fürs Studium angemeldet hat. Die im Konkordat zur Pfarrerausbildung zusammengeschlossenen Deutschschweizer Kirchen planen Campus Kappel 2014 erneut durchzuführen. Sie erwägen überdies einen Studiengang für Akademiker einzurichten, die ins Pfarramt wechseln wollen

Konflikt in Zürich West

Helmuth Werner, im Stadtzürcher Kreis 5 als Kirchgemeindepräsident suspendiert, klagte in einer persönlichen Erklärung den Kirchenrat an, er habe mit pharisäischer Geste einen unbescholtenen 67-jährigen Mann kriminalisiert. Dank seiner Sackbibel habe er die zwei Wochen in Untersuchungshaft überlebt, doch sei er krank geworden. Der Kirchenrat hatte nach jahrelangem Zusehen und einer Administrativuntersuchung Mitte Juli Strafanzeige wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung und Nötigung gegen Werner eingereicht. Dieser forderte eine Untersuchungskommission der Synode. Ihr Büro wird im Oktober darüber befinden. In der Fragestunde hielt Kirchenratspräsident Michel Müller fest, im laufenden Verfahren nehme der Kirchenrat keine Stellung zu den Vorwürfen. Er verwahrte sich gegen Werners Angriffe auf den von ihm eingesetzten Sachwalter.

Den Glauben Kindern und Eltern nahebringen

Thomas Plaz, für die Pädagogik zuständiger Kirchenrat, unterstrich die Bedeutung der kirchlichen Unterweisung, die mit dem Religionspädagogischen Gesamtkonzept rpg neu aufgebaut wird. Das rpg sei ein wesentlicher Impulsgeber für die Gemeindeentwicklung, da mit den Kindern auch Eltern an die christlichen Inhalte herangeführt werden könnten. Mehr Eltern wünschten heute „über Glaubensfragen in einer offenen Atmosphäre ins Gespräch zu kommen“, sagte Plaz. Diese Chance ergreife die Kirche im rpg. Der Kirchenrat belässt Elternbildung in Plaz‘ Ressort.

Anspruchsvolle Spitalseelsorge

Irene Gysel, die für Seelsorge verantwortliche Kirchenrätin, machte auf die kürzeren Aufenthalte von Patienten in Spitälern aufmerksam. Dies erschwere die Arbeit der SeelsorgerInnen, die zunehmend Gespräche mit andersreligiösen Menschen führen. Die von der Landeskirche kantonsweit organisierte Spitalseelsorge ist in knapp 60 Institutionen im Kanton tätig.

Neue Gemeindeformen

Mit einem Ordnungsantrag (angesichts vorgerückter Stunde) wurde die Behandlung der Interpellation zu neuen Gemeindeformen (fresh expressions of Church) auf November verschoben. Der Kirchenrat hat seinen Antworten auf die Fragen zur Förderung solcher Gemeindeformen ein Hintergrundpapier beigegeben.

Argumente für die Volksabstimmung

Vor kurzem hat die Landeskirche ihre Argumente gegen die Initiative zur Abschaffung der Kirchensteuer juristischer Personen online geschaltet. Das Volksbegehren kommt frühestens am 18. Mai 2014 zur Abstimmung.

 

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