Kontroverses Oberländer Podium zur Teilrevision

10. September 2018 – Was nimmt die Teilrevision der Kirchenordnung den Landgemeinden? Die Hauptfrage des Podiums am Samstagvormittag, 8. September, im Kirchgemeindehaus Bäretswil war heftig umstritten.

Andreas Peter, Pfarrer in Zürich-Neumünster und Christian Meier, Pfarrer in Gossau, waren sich gar nicht einig. Engagiert stritten die beiden Vizedekane, vom Moderator David Kilchör kaum gebremst, über die Folgen, die eine Annahme der Teilrevision für Kirchgemeinden und die Landeskirche insgesamt hätte.

Peter stellte die Vorlage mit den Powerpoint-Folien des Kirchenrats vor und bezeichnete sie als zukunftsfähigen Kompromiss. Neu sei die vermehrte Ausrichtung auf Bedürfnisse von (distanzierten) Mitgliedern. Die Stadtkirche Zürich brauche die neuen Regelungen, namentlich das Kirchgemeindeparlament.

Pfarramt in Landgemeinden schwächen?
Die Quartiergemeinden, die nun in einem Kirchenkreis zusammengefasst würden, seien sehr verschieden, sagte Peter. Doch man gehöre künftig zusammen (die Stadtkirche wird zehn Kirchenkreise haben). Der Vizedekan erwähnte, dass einzelne Gemeinden keine funktionierende Kirchenpflege mehr haben. Sollte die Vorlage abgelehnt werden, werde die Hälfte der Pfarrstellen in der Stadt wegfallen.

Um die Pfarrstellenzuteilung – ein Hauptsteuerungsinstrument der Kantonalkirche – kreiste das Wortgefecht immer wieder. Durch die Teilrevision werden kleine Kirchgemeinden Pfarrstellenkürzungen erleiden. Christian Meier kritisierte einleitend, die Vorlage sei nicht solide diskutiert und unausgewogen. Sie grabe der Subsidiarität (Initiative von unten gefördert) das Wasser ab und schwäche das Milizprinzip.

Was bei Fusionen verlorengeht
Vor allem, so Meier, würden durch die faktische «massive Geldverschiebung von Land in die Stadt» Landgemeinden zur Fusion gedrängt. «Wir werden eine ganz andere Kirche haben als bisher.» Der Gossauer Pfarrer zitierte Kirchenratspräsident Michel Müller, der 2013 die Reduktion der Kirchgemeinden um drei Viertel (von 170 auf 40!) propagiert habe.

Durch Fusionen werde die Kirche «anonym, abgehoben, aufgeblasen durch Verwaltungsstrukturen». Regelungen für die Stadt überschatteten die Landschaft. Meier erwähnte, was er in einer fusionierten Gemeinde im Aargau erlebt hatte. In den Bus, der am Sonntagmorgen zum Gottesdienst ins Nachbardorf fuhr, sei niemand gestiegen. Und in der Kirchenpflege hätten Pfarrer vermehrt lobbyiert. «Der Kirchenpfleger hatte keine Ahnung, was wir im Dorf brauchten.»

Beteiligung stärken, nicht Verwaltung: Christian Meier.

«Orientierungskrise»
Christian Meier sagte, die Revision widerspreche dem Geist der geltenden Kirchenordnung. Und diagnostizierte eine Orientierungskrise. Die Vorlage zeige angesichts des andauernden Mitgliederschwunds keinen evangelischen Weg auf. Fusion sei nicht die Antwort. Statt die Behördenkirche aufzubauen, sei die Beteiligungskirche zu stärken.

Andreas Peter wies darauf hin, dass Pfarrer vermehrt werden zusammenarbeiten müssen. Die Zuteilung der Stellen sei transparent und fair. Eben dies liess Christian Meier mit Verweis auf die anders gelagerte Arbeit in weiträumigen Landgemeinden (oft viele Konfirmanden) und die zusätzlichen Stellenprozente für grosse Gemeinden nicht gelten. Man dürfe nicht die Kirchgemeinden des ganzen Kantons über einen Leisten schlagen.

Der Kirchenrat strebe Grossgemeinden an – als Theologe lehne er dies ab, sagte Meier. Fusionieren müsse niemand, suchte Peter zu beruhigen, und erwähnte den grosszügigen Finanzausgleich für schwächere Gemeinden. Auch in Grossstrukturen könne eine «kleinräumige Mentalität» kultiviert werden.

Mitglieder-Orientierung wozu?
Im letzten Teil des Podiums ging es um die Präsenz der Kirche vor Ort und um «reformiert.» als für alle Kirchgemeinden obligatorische Mitgliederzeitung. Ein Besucher kritisierte den «lausigen Artikel» über den Oberländer Kirchentag im Juli. Die Mitglieder-Orientierung müsse andere als die vom Kirchenrat verfolgten Ziele haben: Menschen zu gewinnen für die Nachfolge von Jesus Christus. Andreas Peter fand es positiv, dass Feiern ausserhalb der Kirche aufgewertet werden. Man wolle «ja sagen zum Bedürfnis» von Menschen.

Die Pfarrstellenkürzungen auf dem Land gaben nochmals zu reden. Fischenthal, die Nachbargemeinde von Bäretswil, werde wenigstens 40 von 100 Prozent verlieren, hiess es. Bei solchen Kürzungen würden die Pfarrerinnen und Pfarrer weniger Hausbesuche machen können, bemerkte eine Teilnehmerin. Gegen die Wahrnehmung, die Landgemeinden zögen bei der Teilrevision den Kürzeren, stemmte sich am Ende Margrit Hugentobler, Präsidentin der synodalen Finanzkommission: Man sei doch miteinander Kirche!

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