Förderung anderer Religionsgemeinschaften – wirklich ein Auftrag der Landeskirchen?

Die Kirchensynode hat am 19. März 2024 das Vorhaben des Kirchenrats, vom Staat erhaltene Gelder an andere Religionsgemeinschaften weiterzuleiten, nach heftiger Debatte zurückgewiesen.

Die Landeskirchen erhalten für ihre Tätigkeiten, die der ganzen Gesellschaft zugutekommen, vom Kanton Beiträge, derzeit 50 Millionen Franken im Jahr. Im Herbst beschliesst der Kantonsrat die Beiträge für 2026-2031.

Im Sommer 2023 kam in Gesprächen der Kirchenleitungen mit der Justizdirektion die Idee auf, von diesen Beiträgen neu vier Prozent abzuzweigen. Sie sollen an nicht anerkannte Religionsgemeinschaften, namentlich die muslimische und orthodoxe, fliessen, damit diese sich besser organisieren und demokratische Strukturen zulegen und so anerkennungsfähig werden können. Denn der säkulare Staat will in Beziehung zu ihnen treten.

Die Kirchensynode nahm am 19. März das Tätigkeitsprogramm für 2026-2031, das die beiden Kirchenleitungen zuhanden des Kantons erstellt hatten, zustimmend zur Kenntnis. Eine ausufernde Debatte provozierte der Kirchenrat mit dem Antrag, für nicht anerkannte Gemeinschaften sechs Millionen Franken in einen Fonds zu legen.

Keine Rechtsgrundlage fürs Weiterleiten
Die Evangelisch-kirchliche Fraktion (EKF) wollte gar nicht auf das Geschäft eintreten. Julia Neuenschwander betonte: «Kostenbeiträge dürfen nur ausgeschüttet werden, wenn Verfassung oder Gesetz dies vorsehen.» Diese Grundlage fehle. Für Kostenbeiträge an nicht anerkannte Gemeinschaft müsse die Kantonsverfassung angepasst werden. «Die Synode darf das nicht entscheiden, nur der Souverän», sagte Neuenschwander. Auch die Kirchenordnung erlaube dies nicht; der Kirchenrat beantrage ein unzulässiges «Umgehungsgeschäft».

Vergebliches Werben: Kirchenratspräsidentin Esther Straub.

Kirchenratspräsidentin Esther Straub hob den grossen Beitrag der Kirchen zum «gesellschaftlichen Zusammenhalt» hervor. Sie seien «eine wichtige Partnerin des Staates». Dieser lasse bisher andere Gemeinschaften, die «für die Gesellschaft auch einiges leisten», leer ausgehen. Die Kirchen sind laut Esther Straub in Zürich «interreligiös unterwegs … sie schauen füreinander». Es gehe jetzt nicht um ein Anerkennungsgesetz. Die Kirchen wollten Hand bieten zu einer Übergangslösung: «Wir ergänzen den Staat und erbringen Leistungen, die er nicht erbringen kann.»

Kirche als Spielball der Politik?
EKF-Präsident Christian Meier widersprach. Die «Zweckentfremdung» öffentlicher Gelder sei zu verhindern. Dies sei kein Votum für die Abkapselung der Kirche und gegen die Demokratisierung nicht anerkannter Gemeinschaften. Meier kritisierte, im Antrag sei alles «offen und unklar». Damit mache sich die Kirche zum Spielball der Politik. Sie werde in der Folge immensen Schaden leiden, meinte er mit Verweis auf Leserbriefe. «Nehmen wir dieses Geschäft an, werden wir eine weitere Austrittswelle verzeichnen.» Die Fraktion werde den Fonds, sollte er von der Synode genehmigt werden, mit dem Referendum bekämpfen.

Zwei weitere Fraktionen meldeten Vorbehalte an. Synodale aus allen Fraktionen, namentlich Juristen, kritisierten das Vorhaben. Pfr. Ivan Walther von der Liberalen Fraktion fragte: «Was wollen wir alles machen, um uns selbst zu schwächen?» Die Kirche solle nicht Aufgaben des Staates übernehmen. Nur knapp beschloss die Synode Eintreten.

Unmut und Pragmatismus
In der weiteren, teils emotionalen Debatte beantragte die EKF die Ablehnung des Vorhabens, die Liberale Fraktion die Rückweisung an den Kirchenrat zur weiteren Bearbeitung.

Im Rathaus Hard kam es in der Debatte zu emotionalen Voten.

Zur Abstimmung kam allein der zweite, weniger weitreichende Antrag. Das Resultat fiel mit 98 zu 6 Stimmen eindeutig aus. Allerdings nahmen die Synodalen das Tätigkeitsprogramm (mit der Absicht, Gelder weiterzuleiten) als ganzes zustimmend zur Kenntnis. Damit kann der Kirchenrat die offenen Fragen klären: Vergabekriterien für die Gelder, Rechtsform und Trägerschaft des Fonds etc. Er will das Vorhaben wieder ins Kirchenparlament bringen.

Rückweisung auch in der katholischen Synode
Nach der reformierten Kirchensynode beriet am 11. April die katholische Synode das Geschäft. Nach längerer Debatte wies sie es mit 83 zu 3 Stimmen zurück an den Synodalrat; dessen Sprecher Tobias Grimbacher räumte selbst ein, eine Überarbeitung sei angezeigt. Danach soll die Vorlage erneut vorgelegt werden.

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