Was die Zeugen der Bibel über Gott sagen, ist zu hören und in seiner Vielstimmigkeit festzuhalten – auch wider gängige Denkformen und rationale Reduktionen. Dies betonte der Theologe Wolfgang Bittner am 11. April an einem Studientag in Rüschlikon.

Es ist Mode zu fragen, wie die Aussagen der Bibel in unsere Zeit passen. Doch mauern wir damit unsere Horizonte zu. Für evangelische Kirchen haben die biblischen Zeugen traditionell Vorrang vor rationalen, allgemeinen Aussagen über Gott, welche Menschen aus ihrer Erfahrung ableiten und denkend systematisieren. Pfr. Dr. Wolfgang Bittner, Erwachsenenbildner und Buchautor, plädierte im Rüschliker Nidelbad für ein sorgfältiges, horchendes Aufnehmen und Bewegen der biblischen Aussagen, besonders der paradoxen. Sonst triumphiere die Neigung der Menschen, sich von Gott ein Bild zu machen – eine Neigung, die in der Neuzeit von der Religionsphilosophie genährt wird.

Ein vorgestellter Gott                                                                           

Definieren wir Gott aufgrund allgemeiner Erfahrungen und rationaler Annahmen – oder lassen wir zu, dass er, wenn er sich offenbart, unser Denken sprengt? Am Studientag der Fritz Blanke Gesellschaft kontrastierte Wolfgang Bittner das vielstimmige biblische Zeugnis von Gott mit dem rationalen Reden über Gott (Religionsphilosophie). Aus dem Nachdenken über Gott hätten sich Annahmen zu seinem Wesen und Walten gebildet. Diese würden oft fälschlicherweise in eins gesetzt mit dem, was die Bibel aussage.

Glauben und denken: Dr. Wolfgang Bittner am Studientag im Nidelbad Rüschlikon.

Positives, am Menschen beobachtet, werde ins Vollkommene gesteigert, sagte Bittner: „Wir sind mächtig (und ohnmächtig) – Gott ist allmächtig.“ Weiter lassen uns „Grundüberzeugungen zum Leben eine dahinter stehende Ordnung vermuten, damit das Einzelne nicht sinnlos bleibt. Wenn wir ungerecht sind, muss Gott gerecht sein. Daraus wird gefolgert: Gott gibt jedem die gleiche Chance.“

„Woher haben Sie das?“

Viele dieser allgemeinen, erfahrungsgestützten Sätze werden laut Bittner durch das biblische Zeugnis nicht gedeckt. Er nannte die Ergebung ins Schicksal als Beispiel dafür, dass man „als ein glaubender Mensch erscheinen kann, ohne mit dem Gott der Bibel in Kontakt zu kommen“. Es gebe auch Pfarrer, die als gläubig gelten, weil sie „Sonntag für Sonntag den Menschen bestätigen, dass dieser allgemeine Gottesglaube das ist, was wir doch alle miteinander teilen.“ Und: „Ich erlebe manche Predigten, für die man die Bibel nicht brauchen würde.“

Der Referent lud die Teilnehmenden ein, weithin gehegte Überzeugungen zu testen mit der Frage: „Woher haben Sie das, dass Gott so und so ist?“ Seine Allgegenwart etwa lasse sich biblisch-theologisch nicht begründen. Vielmehr habe Gott mitten in der Welt einen Menschen erwählt, Abraham, um mit ihm einen Weg zu gehen. „Man kann nicht vom Gott der Bibel sprechen, ohne von Erwählung zu reden.“

Mit den biblischen Zeugen staunen

Laut Bittner gibt es in der Bibel Überzeugungen, „die nahe an dem sind, was uns die Vernunft klar machen kann. Es geht aber darum, wie gesprochen und wie argumentiert wird.“ Und pointiert: „Es kommt nicht darauf an, viel zu wissen, sondern genau zu lesen.“ Für evangelische Christen weisen die biblischen Zeugen von Gott den Weg. „Das ist für die Vernunft oft zum Kopfschütteln. Den Gott der Bibel hätte sich nie ein Mensch ausgedacht.“ An die Uni gehöre die Theologie, insofern sie vernünftig sei. Ihr Problem sei, „dass man aus der Vernunft heraus sagt: So muss Gott sein.“

Gegenüber diesem religionsphilosophischen Reden von Gott plädierte Wolfgang Bittner für das genaue Hören auf die biblischen Zeugen, bei dem die Differenz zwischen Aussagenreihen nicht vernünftelnd aufgelöst wird. Jesus Gott – Jesus Mensch: Die Christen der ersten Jahrhunderte seien verblüfft gewesen und hätten im sorgfältigen Lesen der Schrift versucht, die beiden Aussagenreihen zu verstehen. „Zuerst wird nicht verlangt, dass man es versteht, sondern dass man einfach wahrnimmt: So reden die biblischen Zeugen vom Mann aus Nazareth.“ Derselbe Prozess habe zur Trinitätslehre geführt.

„Gott ist bei mir“

Den Unterschied zwischen dem religionsphilosophischen und dem biblisch-theologischen Zugang verdeutlichte Wolfgang Bittner auch mit der Gegenwart Gottes, wie die Bibel sie beschreibt. „Ist sie eine Eigenschaft Gottes, so dass ich damit rechnen kann? Ja, in der Bibel verspricht Gott mir, bei mir zu sein.“ Dies komme der Allgegenwart in einem gewissen Sinn nahe. „Aber Gott ist bei mir, weil er es versprochen hat und seinem Versprechen treu ist – nicht weil er von seiner Eigenschaft her allgegenwärtig ist.“ Darum könne die Bibel auch bezeugen, dass Gott sich von einem Menschen, ja einem ganzen Volk abwendet.

Am Studientag bewegte Wolfgang Bittner im Gespräch mit den Teilnehmenden, wie die Bibel über Jesus als Gott-Mensch und über den dreieinen Gott spricht. Lesen Sie den Bericht: Dem Geheimnis des Christus auf der Spur[/fusion_builder_column][/fusion_builder_row][/fusion_builder_container]

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