Den Sonntag heilig halten

Der Sonntag ist für die Kirche in der Gesellschaft wie für das Leben der Gemeinden von überragender Bedeutung. Die Kirchensynode bekräftigte am 25. März, dass Kirchgemeinden grundsätzlich an jedem Sonntag einen Gottesdienst anzubieten haben.

Der Synodalverein (SV) wollte es Kirchgemeinden freistellen, ob sie jeden Sonntag einen Gottesdienst anbieten. Der Kirchenrat lehnte in der Antwort auf ein Postulat von SV-Präsident Heiri Brändli eine Änderung der Kirchenordnung ab und fand dafür bei den übrigen Fraktionen Zustimmung. Auch wenn namentlich jüngere Mitglieder am Sonntagmorgen der Kirche fernbleiben, ist der Aufwand für den Gottesdienst richtig. Die Kirchenratspräsidentin Esther Straub sagte: «Wir halten an der zentralen Bedeutung des Sonntags als des Auferstehungstags Christi fest.»

Wünschte für Kirchgemeinden die Freiheit, am Sonntag nichts anzubieten: Heiri Brändli.
Junge bei uns feiern gern am Sonntagabend: Johannes Keller.

Allerdings will der Kirchenrat ermöglichen, dass einmal im Monat am Freitagabend gefeiert werden kann (am Samstagabend ist schon möglich). Die Abschaffung der Sonntagschule erweise sich im Nachhinein als fragwürdig, sagte Straub. «Wenn wir den Sonntag nicht mehr würdigen, müssen wir uns nicht wundern, wenn wir nicht mehr wahrgenommen werden.» Brigitte Gerber von der Evangelisch-kirchlichen Fraktion (EKF) bezeichnete den Rhythmus des wiederkehrenden Gottesdienstes als «Herzstück der kirchlichen Angebote»; daran sei nicht zu rütteln. «Alles ist im Wandel – halten wir fest an dem, was Stabilität geben kann.» Laut Fabio Wüst (EKF) ist der Sonntag als Ruhetag unter Druck. An ihm sei festzuhalten, weil «dieser Einschnitt in der Woche den Menschen dient».

«Wahlkirchgemeinde»

Reformierte sollen sich einer anderen Kirchgemeinde im Kanton anschliessen können. Peter Nater (Liberale Fraktion LF) hatte in einem Postulat dieses Recht für alle Kirchenmitglieder gefordert. Der Kirchenrat legte in seiner Antwort die Regelungen in anderen Kantonalkirchen dar. Er befand, die kleine Zahl derer, die wechseln wollten, rechtfertige die Übertragung aller Rechte auf die Wahlkirchgemeinde (mit sämtlichen politischen Rechten und Steuertransfer) nicht. Daher soll zwar die Mitgliedschaft am gewählten Ort registriert werden, die Wahlrechte und Steuerpflicht aber in der Wohngemeinde verbleiben. Der Kirchenrat will dies in der nächsten Teilrevision der Kirchenordnung aufgreifen. Nater fand sich mit diesem kleinen Schritt ab; das Postulat wurde abgeschrieben.

Einer anderen Kirchgemeinde beitreten - aber ohne politische Rechte: Peter Nater gab sich mit dem halben Fortschritt zufrieden.

Unterstützung für Bezirkskirchenpflegen 

Was brauchen Bezirkskirchenpflegen, um die Aufsicht über die Kirchgemeinden wahrzunehmen? Synodale um Fabio Wüst (Evangelisch-kirchliche Fraktion EKF) hatten vor zwei Jahren mit einer Initiative eine zeitgemässe Infrastruktur verlangt: ein «unabhängiges Sekretariat, das die Rekurs- und Aktuariatsgeschäfte besorgt».

Der Kirchenrat schlug stattdessen «für die Bearbeitung von Rekursen, Beschwerden und Rechtsfragen» eine «fachliche Unterstützung, die von den Gesamtkirchlichen Diensten unabhängig ist», vor. Dem stimmte die Synode zu.

Alles korrekt! Das Präsidium der Synode mit Martin Röhl, dem Juristen des Kirchenrats.

Synodewahl und Fraktionen

Das Kirchenparlament beschäftigt sich oft mit dem Räderwerk von Landeskirche und Kirchgemeinden, ihrem Personal und den Finanzen, manchmal mit ihrem Auftrag und der Aussenwirkung. Am längsten diskutierten die Synodalen an diesem regnerischen Dienstag – die Synodewahl. Dabei waren bloss zwei Punkte umstritten: zum einen die Zusammenlegung zweier Wahlkreise in der Stadt Zürich; diese wurde abgelehnt. Zum anderen beantragte der Kirchenrat, dass auf dem Wahlvorschlag künftig die gewählte Fraktionszugehörigkeit stehen soll. So könnten sich die Stimmbürger ein besseres Bild der Kandidaten machen, sagte Kirchenratsschreiber Stefan Grotefeld.

Ist auf dem Wahlzettel für die Synode eine Angabe der Fraktion sinnvoll? Oliver Pierson referierte als Kommissionspräsident die Varianten.
Es geht um die Kirche als Ganzes: Brigitte Gerber-Zaugg mahnte, die Fraktionen nicht zu wichtig zu nehmen.

Die Mehrheit der vorberatenden Kommission wollte dies nicht als Pflicht, sondern bloss als Möglichkeit vorgeben. Die Minderheit beantragte, gar nichts zu ändern. Mit der Angabe der Fraktion rücke diese in den Vordergrund – doch der grössere Aufwand ergebe nicht mehr Transparenz, gab Brigitte Gerber (EKF) zu bedenken. Das Sowohl-Als-auch sei verwirrlich, sagte sie und fragte: «Wer von uns wusste vor der Wahl wirklich Bescheid über die Fraktionen und ihr Profil?» Der Synodalverein (SV) beantragte in der Sitzung, dass Bisherige künftig ihre Fraktionszugehörigkeit angeben müssen.

Den Änderungswünschen erwuchs vielseitiger Widerstand. Giorgio Girardet (religiös-soziale Fraktion rsf) gab sich erstaunt darüber, «dass der Kirchenrat die Fraktionen plötzlich als Parteien sehen will… Wir haben andere Probleme.» Christian Meier betonte: «Wir bauen miteinander Kirche und gehen nicht in der Parteipolitik auf.» Mit 47 zu 49 Stimmen bei vier Enthaltungen lehnten die Synodalen die vorgeschlagenen Änderungen allesamt ab.

Welche Spiritualität – wie offen?

Aus dem Strauss von Traktanden ragte die einstündige Aussprache über christliche Spiritualität heraus, die Barbara Amon Betschart (SV) beantragt hatte. Ihr Wunsch: «Unseren Mitmenschen den Reichtum der christlichen Spiritualität zugänglich machen.» Denn Menschen suchten verstärkt nach Sinn und Halt. Synodale aus allen Fraktionen trugen Gedanken bei. Rüdiger Birkner (SV) bedauerte, dass spirituelle Angebote zu wenig gefördert werden. Er betonte: «Unsere Angebote müssen dort sein, wo Menschen suchen.» Im Blick auf refdate.ch, die Website mit spirituellen Angeboten, empfahl er, etablierte Plattformen und bewährte Kanäle zu nutzen. Das Bedürfnis nach Spiritualität sei auch bei jüngeren IT-Spezialisten da.

Dem Hunger nach Sinn und Halt mit reformierten Angeboten entsprechen: Barbara Amon Betschart.

Julia Neuenschwander (EKF) äusserte: «In der heutigen fragmentierten Welt sind wir in den Gedanken überall, aber nicht bei uns selbst.» Die Kommunität von Taizé sei mit ihren meditativen Liedern ein Segen für viele.

«Die eigene Tradition aneignen»

Die Offenheit für spirituelle Angebote anderer Religionen wurde kontrovers diskutiert. Ivan Walther (LF) plädierte für einen religionsübergreifenden Begriff von Spiritualität. «Schätzen wir, was wir haben», sagte Giorgio Girardet (rsf) mit Verweis auf die Lieder und Gebete im Kirchengesangbuch. Der reformierte Gottesdienst mit den Schritten Ankommen-Lobpreis-Verkündigung-Fürbitte-Sendung sei «ein spirituelles Exerzitium».

«In der heutigen fragmentierten Welt sind wir in den Gedanken überall, aber nicht bei uns selbst»: Julia Neuenschwander.
Mit Mystik haben sich die Reformieren schwer getan: Patrick Werder.

Gegen ignatianische Exerzitien äusserte Girardet, Vertreter der Waldenser, aufgrund der Geschichte Vorbehalte. Ursula Brunner (SV) hatte zuvor beschrieben, wie sie einen Kreis in die Stille führt, wo «vor dem göttlichen Geheimnis das bewegt wird, was sich dem Einzelnen zeigt». Patrick Werder (EKF) wies hin auf alte christliche Weisen, um Heilung und um Führung zu beten oder um prophetische Worte zu empfangen. Fasten sei zu Unrecht in Vergessenheit geraten. Mit Mystik hätten sich die Reformierten schwergetan, sagte Werder. «Gott will deine Arbeit, nicht deine Ruhe»: Mit dem alten Spruch hob Theddy Probst (EKF) den ganzheitlichen, aufs Tun gerichteten Charakter reformierter Spiritualität hervor.

Abschluss von KirchGemeindePlus

Die Versammlung genehmigte die Schlussabrechnung von «KirchGemeindePlus» und nahm die Antworten des Kirchenrats auf Fragen zur Strukturreform zur Kenntnis. Der Kirchenrat hatte 2024 keinen substanziellen Schlussbericht vorgelegt, was im September 2024 die Rückweisung provozierte. Susanne Weinmann (EKF) zeigte sich nun befriedigt. Sie mahnte eine «vertiefte Diskussion um den gemeinsamen Auftrag» an. Und bekräftigte, die Anzahl der Gottesdienst-Teilnehmer sei aussagekräftig für gelingende Verkündigung.

Geht es mit weniger Bürokratie? Susanne Weinmann kommentierte die Antworten des Kirchenrats zur Strukturreform.

Weinmann forderte den Kirchenrat, die GKD und die Behörden auf, immer wieder zu fragen, «ob nicht auch weniger Bürokratie reichen würde». Der Kirchenrat will mit einer Umfrage die Herausforderungen erheben, mit denen kleinere, mittlere und grössere Kirchgemeinden heute konfrontiert sind.

Pensionierte Pfarrer als Stellvertreter

Wegen des Pfarrermangels hat der Kirchenrat die Altersobergrenze abgeschafft. Doch sollen Pensionierte nicht in der bisherigen Stellung weiterarbeiten, sondern als Stellvertreter. «Wir wollen, dass die attraktiven Stellen für jüngere Pfarrpersonen ausgeschrieben werden», sagte Kirchenratspräsidentin Esther Straub. Das Postulat von Jacqueline Sonego Mettner (SV), das auf die Weiterbeschäftigung von Pensionierten zielte, wurde gegen ihr Votum abgeschrieben.

Attraktive Pfarrstellen anbieten: Kirchenratspräsidentin Esther Straub.
Gesetzgeberisch tätig werden: Andrea Widmer Graf wollte Synodalen das Mittel der Parlamentarischen Initiative in die Hand geben.

Keine Amtszeitbeschränkung

Die Synode lehnte nach Diskussion zwei Motionen von Andrea Widmer Graf (SV) ab. Zum einen forderte sie das politische Instrument der Parlamentarischen Initiative, wie es etwa Zürcher Kantonsräte haben. Christian Meier (EKF) sagte, diese würde die Synodalen überfordern. Sie hätten genug «effiziente parlamentarische Instrumente, die ein Miteinander von Kirchenrat und Synode ergeben». Mit 44 zu 38 Stimmen scheiterte der Vorstoss. Zum zweiten wollte Andrea Widmer Graf die Amtszeit des Präsidiums auf zwei Jahre beschränken: dass nach dieser Zeit der erste Vizepräsident auf den Präsidentensessel rückt und vom zweiten ersetzt wird. Das Anliegen wurde klar abgelehnt.

Gegen weniger Theologie im Pfarramt

Akademiker ab 55 Jahren sollen nach kurzer Einführung – ohne Theologiestudium – ein Pfarramt übernehmen können. Mit dem «Plan P» will das Konkordat, der Verbund der Deutschschweizer Landeskirchen, den Pfarrmangel lindern. Der Zürcher Kirchenrat hat in der Vernehmlassung des Konkordats grundsätzlich positiv reagiert, jedoch Verbesserungen angemahnt.

In der Synode stiess der «Plan P» bei allen Fraktionen auf Kritik. Sie finden den Plan nicht ausgereift, wie sie in einer gemeinsamen Erklärung betonten. «Der Pfarrberuf darf durch eine Schnellbleiche nicht gefährdet werden.» Christian Meier sagte namens der EKF, gerade in der Krise komme es auf die theologische Bildung an. „Wir brauchen nicht weniger theologische Reflexion, sondern mehr.» Der Plan P sei planlos. Heiri Brändli, SV, meinte, so würden noch weniger Personen Theologie studieren.

Landgemeinden stärken

In kleinen und mittleren Kirchgemeinden soll das Pfarramt gestärkt werden. Eine in der EKF lancierte und von Synodalen aus den anderen Fraktionen unterzeichnete Initiative verlangt vom Kirchenrat, Kirchgemeinden ab 2028 eine Vollzeitstelle für 1‘500 Mitglieder zu gewähren, weitere für je 2‘000 Mitglieder. (Nach der 2018 beschlossenen Regelung, welche Grossgemeinden bevorzugt und 2024 in Landgemeinden zu Stellenkürzungen führte, sind dazu 2‘000 Mitglieder erforderlich.)

Zudem sollen Kirchgemeinden und Pfarrpersonen auf zwei Amtszeiten planen können. Die Initiative für eine bessere Pfarrstellenzuteilung wurde Anfang April eingereicht.

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