Zusammenarbeit vor Fusion: Die Kirchgemeinden im Zürcher Oberländer Bezirk Hinwil erwarten vom Kirchenrat eine regional angepasste Umsetzung des Projekts KirchGemeindePlus (KGP). Dies wurde am ImpulsDialog in Hinwil am 7. November deutlich.

Das Pfarrkapitel Hinwil hat im Oktober mit einer Stellungnahme „Zur Zukunft der Kirche“ eine Besinnung auf ihren eigentlichen Auftrag gefordert. Um ihn erfüllen zu können, müsse sie sich immer wieder neu strukturieren. „Weil Gott Kirche will und Kirche erhält, wird er vielleicht dieses oder jenes sterben lassen, damit Kirche in neuer Gestalt aufblühen kann.“ Die Zeit sei reif, „unser traditionelles Parochialsystem zu ergänzen“.

Das Pfarrkapitel nennt in der Stellungnahme Kennzeichen der Kirchgemeinde der Zukunft, etwa Verbindlichkeit und Regelmässigkeit, „Beharrlichkeit und Einübung des persönlichen Glaubens“. Und dass Kirche imstande ist, „Menschen zu befähigen und zu ermutigen, sich aktiv und kreativ am Gemeindeleben zu beteiligen“. In den Reformschritten sei den Unterschieden zwischen Gemeinden gebührend Rechnung zu tragen.

Arm und doch reich, reich und doch arm

Der Hinwiler Dekan Matthias Walder, der die Besorgnis und Skepsis der Pfarrschaft des Bezirks in der Regionalzeitung eingehend erläutert hatte, betonte vor den 70 Teilnehmenden des ImpulsDialogs, dass eine finanziell arme Kirche geistlich reich sein kann – und umgekehrt. „Was bedeutet es, dass wir von Jesus her eine reiche Kirche sind, aber jetzt mit weniger Mittel auskommen müssen?“

Walder fragte, welches Bild von Kirche die Reform leiten solle: „Wollen wir Profis, die ein vielfältiges Programm sicherstellen? Oder Kirchgemeinden, die als Gemeinschaften leben und in ihrem Auftrag unterstützt werden von ausgebildeten, begabten, freigestellten Personen?“ Der Hinwiler Dekan fragte, ob ein System mit immer grösseren Einheiten die Zukunft der Kirche sein könne. Und: „Wird es künftig die freie Wahl der Kirchgemeinde und mehr nicht-territoriale Bewegungen wie die Zürcher streetchurch geben?“

Was unter den Nägeln brennt

Dann war es an den Teilnehmenden, Fragen zu formulieren. Die vier Fragen, die am meisten Zuspruch (rote Punkte) fanden, wurden von Gesprächsgruppen während einer halben Stunde erörtert. Die Fragen: „1. Bringen die Strukturveränderungen ‚Leben‘ in die Kirche? 2. Sind Faktoren benennbar, die das Kirchgemeindeleben stärken oder hemmen? 3. Wie nehmen wir die geistlichen Impulse der weltweiten Kirche auf? 4. Wie bringen wir die Kirche zum Volk?“

Einige Antworten, wie sie von den Gruppensprechern im Plenum mitgeteilt wurden:

1. Strukturveränderungen lösen Angst aus, können zu mehr Austritten führen, geben anderseits die Chance, Ressourcen wirksamer zu nutzen (der einzige positive Effekt?). Die freie Wahl der Kirchgemeinde wäre attraktiv (Fraumünster). Die Jungen gehen spontaner mit Strukturen um. Beziehungen sind lokal. Identität und Zusammengehörigkeit müssen gestärkt werden, damit die Kirche weiterbestehen kann. Land und Stadt unterscheiden sich stark. Das Zürcher Oberland braucht eine spezielle Lösung. Strukturveränderungen bringen an sich kein Leben; sie können grundsätzlich auflockern, doch mit Fusionen wird eher betoniert. Wir glauben, dass durch Zusammenarbeit in der Region die Kirche gestärkt werden kann – auch ohne Fusion.

2. Stärkende Faktoren: Nähe zu den Menschen. Im Dorf lebt man auch Beziehungen zu Nicht-Reformierten. Wenn man sich den Gaben entsprechend in die Kirchgemeinde einbringen kann. Missionarische und missionale Kirche (denn „eine Kirche, die nicht missioniert, demissioniert“). Glaubenskurse fördern das Leben. Ein guter Pfarrer, der Teams fördert und begleitet. Der Reichtum des Evangeliums soll als Ermutigung fürs Leben vermittelt werden. Zielgruppenorientierte Angebote.

Hemmende Faktoren: wenn Dinge aus der Stadt dem Land übergestülpt werden. Zunahme der Bürokratie: mehr Papiere von Zürich. Pfarrerzentrierung, Bekenntnisfreiheit. Langweilige Predigten, von denen man nichts mitnehmen kann. Weite Wege. Konkurrenz unter Gruppen in der Kirchgemeinde.

3. Impulse der weltweiten Kirche: Praktische Liebe macht Mut, sie holt Menschen ab. Nicht Pfarrpersonen, sondern Glaubende machen die Kirche aus. In Partnerschaften mit anderen Gemeinden können wir viel lernen. Es geht um den Alltag – der Glaube muss ganz praktisch werden. „Seht, wie sie einander lieben.“

4. Wie Kirche zum Volk kommt: Verkündigung soll volksnah sein. Der Pfarrer soll so reden, dass die Leute es verstehen, mit spürbarer Überzeugung. Kirche soll auf religiöse Fragen nachvollziehbar und einleuchtend antworten.

Nach dem Auftrag fragen

Gegen Ende des Abends wurde auch die Frage gestellt, ob „wir nach Fusionen in 20 Jahren wieder am selben Ort sind? Geht die Schrumpfung einfach weiter?“ Primär müsse nach dem Auftrag gefragt werden. „Aus Zusammenlegen gibt’s kein Leben.“ Ein Teilnehmer wünschte, dass Kirchenrat und Synode sich „durchringen zu einem Glaubensbekenntnis, das dem Evangelium entspricht – als Grundlage für Wachstum“.

 

3 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Martin Fischer
    21/11/2013 14:25

    Der Bericht trifft pünktlich die Fragen und Postulate der Verantwortlichen in den Kirchgemeinden in unserem Bezirk. Die Reformen und die Strukturfragen von innen her anzugehen, dafür wollen wir uns einsetzen und unseren Beitrag leisten. Martin Fischer, Präsident Bezirkskirchenpflege Hinwil

  • Karl Stengel
    21/11/2013 15:47

    Ein informativer Bericht über einen spannenden Anlass – hoffentlich gibt es weitere solche Dialoge und Impulse aus dem Bezirk Hinwil (und von anderen!!)
    Karl Stengel, Mitglied der Synode

  • Hans Rüttimann
    06/12/2013 10:40

    Ich denke auch für Landgemeinden in andern Bezirken sind die aufgeworfenen Fragen und Probleme lesenswert. Es wäre auch schön, wenn der Beauftragte des Kirchenrats für KirchGemeindePlus dazu Stellung nehmen könnte.

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