Thomas Illi: Grösser – und weiter weg

Kirchenpflegen und Pfarrämter werden bisher als Institutionen der Gemeinde wahr- und ernstgenommen. In Bubikon beispielsweise darf der Kirchenpflegepräsident am Neuzuzügerabend der politischen Gemeinde die Kirchgemeinde vorstellen. Das wäre kaum mehr der Fall, wenn es keine selbständige Kirchgemeinde Bubikon mehr gäbe. Kirchgemeinden sollten geografisch kongruent sein mit den politischen Gemeinden und den Schulgemeinden. Dafür sprechen nur schon rein praktische Gründe, zum Beispiel die vielerorts gut funktionierende Zusammenarbeit mit den Gemeindeverwaltungen (Finanzen, Personaladministration, Wahlen).

Die starke demokratische Verankerung ist eine Besonderheit der reformierten Kirche, die es zu wahren gilt. Ortskirchen werden heute von örtlichen Kirchenpflegen im Verbund mit den Pfarrämtern und den Gemeindekonventen geleitet. Der Souverän der Kirchgemeinden sind Kirchgemeindeversammlung und Gemeindevolk. Die Bildung von Grossgemeinden dagegen bedeutet einen Verlust an Demokratie und an direkter Einfluss- und Korrekturmöglichkeit: An die Stelle von lokal gewählten Miliz-Behördenmitgliedern und ihren Mitarbeiterstäben treten zumindest semiprofessionelle Kirchenfunktionäre, die lokal nicht mehr vernetzt und verankert sein müssen. Welches Kirchenmitglied kennt heute die Mitglieder der Bezirkskirchenpflege?

Auch stellt sich die Frage, ob Kirchgemeindeversammlungen in fusionierten Grossgemeinden noch genügend demokratisch legitimiert sind, um über die Verwendung der Steuergelder aus den womöglich völlig verschieden grossen und unterschiedlich reichen Teilgemeinden zu bestimmen. Ein Parlamentssystem kann in einer Kirche, die sparen muss, nicht ernsthaft als Lösung diskutiert werden. Auch die freie Pfarrwahl durch das Gemeindevolk verliert in einer Grossgemeinde viel von ihrem eigentlichen Sinn.

In ländlichen Gemeinden ist die Kirchgemeinde durchaus noch ein Identität und Heimat stiftender Faktor. Zürcherische Kirchgemeinden auf dem Land leben, wenn sie das dörfliche Leben mitgestalten. Dabei denke ich nicht an die kirchlichen Angebote, sondern an die Möglichkeit, sich einzubringen, als Freiwilliger oder Freiwillige mitzuwirken und mitzugestalten. Aus genau diesem Grund hat jedes Dorf einen eigenen Turnverein, auch wenn Zusammenschlüsse von Turnvereinen über die Gemeindegrenzen hinweg wohl effizienter wären. Die geplante Strukturreform zielt in Richtung Wandel von der Mitwirkungskirche zur Angebotskirche, wo Kirche konsumiert statt gelebt wird.

Thomas Illi ist Präsident der Kirchenpflege Bubikon.

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