Michel Müller: Mehr Leben in der Kirchgemeinde
Wie gehen wir flexibel auf Bedürfnisse ein? Die Sinus-Studie hat uns gezeigt, dass es viele Erwartungen an die Kirche gibt, und zu viele bleiben offen. Die Kirchgemeinden sollen in der Lage sein, diesen Erwartungen besser gerecht zu werden. Unser Projekt zielt auf eine Flexibilisierung und Dynamisierung des Lebens der Kirchgemeinde.
Das Heil sieht der Kirchenrat nicht in grösseren Kirchgemeinden – das Heil schenkt uns Jesus Christus. Aber lebendige Kirchgemeinden können das Evangelium von der Liebe Gottes besser bezeugen. Zum Zeugnis gehört auch das Eingehen auf Lebenswelten der Menschen. Kleinere Kirchgemeinden haben weniger Potenzial dazu.
Nun gibt es kleine Gemeinden, die ausgezeichnet arbeiten und im Rahmen ihrer Möglichkeiten sehr viel erreichen. Anderseits schöpfen grössere Gemeinden ihr Potenzial oft nicht aus. Dem Kirchenrat geht es nicht darum, die Gemeinden zu bewerten. Wir möchten einfach das Potenzial der Kirchgemeinden steigern. Grössere Gemeinden haben mehr Mittel, mehr Ansprechpersonen für die verschiedenen Lebenssituationen, eher differenzierte Angebote für Generationen und Milieus. Sie haben auch mehr Möglichkeiten, in den Handlungsfeldern aktiv zu sein.
Es geht darum, den Kernauftrag freizulegen. Das Arbeiten an Strukturen darf uns nicht davon abhalten. Auch die Kirchgemeinde ist ein Mittel zum Zweck, das Evangelium zu verkündigen. Konzentrieren wir uns auf diesen Kernauftrag, können wir präziser fragen, inwiefern die Strukturen der Verkündigung des Evangeliums in Wort und Tat dienen. Dann sehen wir, dass eine politische Gemeindegrenze durchaus einen Sinn haben kann. Aber nur noch für eine Minderheit stiftet der Wohnsitz Identität. Das lässt uns fragen, wie wir den Menschen näher kommen können mit dem Evangelium – auch über die Grenzen der politischen Gemeinde hinaus.
Pfr. Michel Müller ist seit 2011 Kirchenratspräsident der Zürcher reformierten Landeskirche.
„Wir möchten das Potenzial der Kirchgemeinden steigern“: Lesen Sie das EKVZ-Gespräch mit Michel Müller.