Kleiner werdende Kirche «sehr gut unterwegs»

An der Synodeversammlung vom 25. Juni hat die Kirchenratspräsidentin Esther Straub zur Lage der Kirche Zuversicht verbreitet. Die Jahresrechnung wurde genehmigt. Für den Jahresbericht erhielt der Kirchenrat Lob und Kritik.

Der Jahresbericht des Kirchenrates gibt den Synodalen jedes Jahr Gelegenheit, Ereignisse und Entwicklungen in der Kirche zu erörtern. Kirchenratspräsidentin Esther Straub gab sich «zuversichtlich und stolz» angesichts des magazinartigen Berichts, der dem Kantonsrat als Rechenschaftsablage vorgelegt wird. Er geht näher auf Elternbildung, Kirchenmusik und die Seelsorge an Asylsuchenden ein.

Synodale namentlich der Evangelisch-kirchlichen Fraktion (EKF) griffen diverse Punkte auf. Jürg Fässler unterstrich den Wert der Musik für den Brückenschlag zu kirchenfernen Menschen. Theddy Probst wunderte sich, dass Ausführungen übers Gebet beim atheistischen Meditieren statt bei positiven Erfahrungen enden. Er bedauerte überdies, dass der Beitrag von Migrationskirchen zur Integration nicht gewürdigt werde. Die Kirche sollte sie willkommen heissen.

Michael Baumann hinterfragte die Propagierung der teuren ENSA-Kurse von Pro Mente Sana, die für seelische Gesundheit sensibilisieren. «Soll die Kirche Kurse mit schwachem christlichem Bezug fördern?»

Yvonne Wildbolz wies erneut auf die Bedrängnis von Christen in Asien hin.

Nathalie Zeindler vom Synodalverein wies auf die Komplexität seelischer Erkrankungen hin. Laut Gerda Zbinden (religiös-soziale Fraktion rsf) verdient die diakonische Arbeit in den Kirchgemeinden mehr Raum.

Eltern bilden!
Julia Neuenschwander (EKF) wies auf die Bedeutung der kirchlichen Angebote für Eltern hin. Die Angebote seien Türöffner von «grossem gesellschaftlichem Wert». So müsse Kirche sein: «mitten in der Gesellschaft bei Themen, die Menschen bewegen».

Johannes Keller kontrastierte den Überschuss in der Jahresrechnung mit dem «extremen Rückgang» von über 12’000 Mitgliedern; dadurch sei der reformierte Bevölkerungsanteil 2023 von 24,5 auf 23,3 Prozent gesunken. Den Wandel sollten im Bericht Vorjahreszahlen sichtbar machen. Bei den Taufen war ein Rückgang von 1908 auf 1555 zu verzeichnen.

Der Schreibende wies auf die Abnahme der Geburten in den letzten Jahren hin, die bei Reformierten deutlich stärker ausfällt (28 Prozent gegenüber 11 Prozent in der Zürcher Bevölkerung 2018-2023). Er wünschte, dass jungen Reformierten vermehrt Mut zur Familiengründung gemacht wird.

Kritik am üppig finanzierten RefLab: Giorgio Girardet.

Die Kirchenordnung hält in Art. 6 fest: «Die Landeskirche tritt ein für die Familie, für eine kinderfreundliche Gesellschaft und für das Miteinander der Generationen.»

Welche Mission hat die Kirche?
Franco Sorbara forderte, die Mission der Kirche, von Gott zu reden, sei deutlicher herauszustellen. Aus der EKF wurde betont: «Es geht – gerade wenn die Diversität im Land zunimmt – ums Zentrum, um Jesus Christus, seine Person und sein Werk. Er ist der Schlüssel dafür, dass unser Reden und Handeln identifizierbar und deutlich ist.»

Ruth Derrer Balladore, Präsidentin der Liberalen Fraktion, bemängelte, dass die Tätigkeit der Synode im gedruckten Bericht nicht vorkommt. Giorgio Girardet, rsf, kritisierte die Privilegierung des RefLab, welches, mit 1,7 Millionen Franken grosszügig finanziert, sich im Jahresbericht «selbst beweihräuchern» könne. Die Bildungsarbeit all der Pfarrerinnen und Pfarrer der Landeskirche könnte besser dargestellt werden.

Die Synodefraktionen bei Vernehmlassungen gleich einbeziehen: Andrea Widmer Graf.

Der grösste Verein
«Wir sind uns sehr bewusst, dass wir als Kirche rasant kleiner werden», sagte die Kirchenratspräsidentin Esther Straub abschliessend. Im Jahresbericht solle der Fokus auf ihrer wertvollen Arbeit liegen. 2023 seien über 373’000 Menschen im Kanton bewusst in der Kirche geblieben. «Kein anderer Verein hat so viele Mitglieder.» Die Stellen in der Abteilung Kirchenentwicklung seien in den letzten Jahren konstant geblieben (28,55 Vollzeitstellen Ende 2023).

Esther Straub betonte, für die Kirche sei zu werben, in die Gesellschaft hinein zu wirken, in verschiedenen Sprachen. Es gelte, den Dialog mit den Menschen zu suchen, das evangelische Profil zu leben und Menschen davon zu überzeugen. «Da sind wir sehr gut unterwegs.» Der Jahresbericht wurde einstimmig genehmigt. Er wird im Herbst dem Kantonsrat vorgelegt.

Erneut ein Ertragsüberschuss
Die Jahresrechnung 2023 der Zentralkasse schliesst mit einem Ertragsüberschuss von rund 738’000 Franken. Höhere Erträge glichen Mehraufwendungen beim Personalaufwand von gegen 2,4 Millionen Franken aus. Der Überschuss wird dem Eigenkapital zugewiesen, das damit auf über 71,6 Millionen Franken steigt.

Laut Adrian Honegger, Liberale Fraktion, sind das pro Mitglied 192 Franken. Er wies darauf hin, dass die Landeskirche für Freiwillige bloss 44’690 Franken ausgibt – wenig mehr als ein Zweitausendstel des Personalaufwands. Die Kirchensynode genehmigte die Jahresrechnung mit 94 zu 1 Stimme.

Künstliche Intelligenz
Zur Rolle von KI in der Kirche äusserte sich Kirchenrat Andrea Marco Bianca in der Fragestunde differenziert. Künstliche Intelligenz habe bereits umfassende und tiefgreifende Auswirkungen auf sämtliche Handlungsfelder der Kirche. Er plädierte für eine differenzierte statt ideologisierte Nutzung und auch dafür, dass sich die Kirche in ethische Debatten und die Gesetzgebung einbringt.

Vernehmlassungen
Das Kirchenparlament befasste sich zudem mit der Frage, ob die vier Fraktionen bei Vernehmlassungen des Kirchenrates verstärkt einbezogen werden sollten. Der Kirchenrat äusserte sich ablehnend zu einem Postulat. Er will aber neu sämtliche Unterlagen und die eingegangenen Vernehmlassungsantworten neu online veröffentlichen sowie die Kirchensynode laufend informieren. Nach Diskussion wurde das Postulat abgeschrieben.

Künstliche Intelligenz mit Bedacht nutzen: Kirchenrat Andrea Bianca.
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