Vor der Zürcher Kirchenratswahl

Am 21. November wählt die Zürcher Kirchensynode den Kirchenrat für die nächsten vier Jahre. Fürs Präsidium kandidieren die beiden Pfarrerinnen Esther Straub und Sabrina Müller.

Michel Müller, seit 2011 Kirchenratspräsident, war im Januar mit der Ankündigung vorgeprescht, er wolle das Amt noch zwei Jahre führen. Ende August erklärte er seinen Verzicht, wohl aus der Einsicht der Chancenlosigkeit.

Damit stehen noch Esther Straub, die Theologin aus Zürich, die seit 2015 im Kirchenrat sitzt und bis 2022 auch SP-Kantonsrätin war, und Sabrina Müller, Kirchenforscherin aus dem Zürcher Oberland, zur Wahl durch das Kirchenparlament.

Sabrina Müller, 43, ist in Gossau aufgewachsen und engagierte sich dort im CEVI. Nach dem Studium war sie bis 2016 in Teilzeit als Pfarrerin in Bäretswil tätig. Damals schrieb sie eine Doktorarbeit über neue Formen von Kirche (Fresh Expressions of Church). Nun ist sie Privatdozentin für Praktische Theologie, Co-Direktorin des Zentrums für Kirchenentwicklung und Leiterin des Forschungsschwerpunkts Digital Religion(s) an der Universität Zürich. Müller ist verheiratet mit dem Pfarrer Andi Bosshard.

Wertschätzung und Fehlertoleranz fördern: Sabrina Müller.

Esther Straub, 53, wuchs in Güttingen am Bodensee auf. Nach dem Theologiestudium schrieb sie eine Doktorarbeit zum Johannes-Evangelium. Die Pfarrerin in Zürich-Schwamendingen amtierte als Vize-Dekanin des Stadtzürcher Pfarrkapitels. 2015 wurde sie, von der religiös-sozialen Fraktion portiert, in den Kirchenrat gewählt. 2015-2023 sass sie für die SP im Zürcher Kantonsrat. Esther Straub ist verheiratet mit Patrick Müller Straub und Mutter dreier Kinder.

Innovation – von wo?
Die beiden Kandidatinnen stellten sich am 6. September in Zürich unter Leitung von Ladina Spiess den Synodalen vor. Dabei betonte Sabrina Müller, Kirchgemeinden könnten am meisten zu Innovation beitragen. Es gelte Bewährtes zu bewahren und aufzupassen, dass Verantwortliche nicht ausbrennen. Esther Straub meinte, innovativ sei vor allem die «heilige Geistkraft». Die Gemeindefusionen der letzten Jahre hätten «wahnsinnig Ressourcen gebunden … Man war sehr mit sich selbst beschäftigt.»

Prozesse gut moderieren: Esther Straub.

Für eine Atmosphäre der Hoffnung
Was kann die Kirchenleitung für Erneuerung tun? Sabrina Müller meinte, nötig sei, eine Atmosphäre der Hoffnung zu schaffen, in der etwas gewagt werde, mit Wertschätzung und Fehlertoleranz. Sie führe aktuell 39 Forschende. «Empowerment ist mir wichtig.»

Esther Straub bemerkte, die Kirchgemeinden wüssten, was wertvoll sei. «Es kommen Ideen herein.» Wichtig sei «mitenand aneluege, mitenand hirne». Sie wolle Prozesse gut moderieren und in Entscheidungen überführen, sie nach aussen vertreten und vernetzen.

Menschen digital abholen
Mit dem Gegenwind, den initiative Chefinnen erfahren, glaubt Sabrina Müller umgehen zu können – damit müsse frau leben. Im Zeichen der Digitalisierung wünscht sie eine reformierte App zur religiösen Bildung. Pfarrpersonen sollten sich vermehrt als Mentoren verstehen.

Straub hob die anhaltend grosse Bedeutung der Kirche für die Gesellschaft hervor. Müller meinte, die Kirche rede zu wenig von dem Guten, das sie tue. Bei Pfarrstellen solle nicht gespart werden, eher bei Immobilien. Bei rückläufigen Steuereingängen brauche es mehr Fundraising.

Neue Mehrheit in der Synode
Die Wahl der Synode für die Amtszeit 2023-2027 hat die Mehrheitsverhältnisse gekehrt: Die beiden zuvor grösseren Fraktionen (Religiös-soziale Fraktion rsf, Synodalverein) sind neu in der Minderheit. Die Liberale Fraktion und die Evangelisch-kirchliche Fraktion (EKF) haben voraussichtlich 65 der 123 Sitze.

Im Kirchenrat sind die Fraktionen nach ihrer Stärke vertreten. So hat die EKF neben Bruno Kleeb, Bauma, auch Pfr. Franco Sorbara, Zürich-Hirzenbach, zur Wahl vorgeschlagen. Sorbara skizzierte, wie er das Aufblühen der Kirche fördern will. Mitglieder sollen befähigt werden, «tragender Teil des Ganzen zu sein», um Pfarramt wie Sozialdiakonie zu entlasten.

Mitglieder zum Mittragen befähigen: Franco Sorbara, Kandidat der EKF.

Vom Synodalverein kandidiert bisher Margrit Hugentobler, Pfäffikon, von den den Liberalen Katharina Kull, Zollikon. Die rsf hat die junge Stadtzürcher Juristin Eva Schwendimann portiert.

Der von den Liberalen nicht mehr aufgestellte Andrea Marco Bianca, Pfarrer in Küsnacht, kandidiert in eigener Regie. Die drei Frauen und drei Männer stellten sich den Synodalen kurz vor. Das Kirchenparlament konstituiert sich am 3. Oktober; die Wahl der Exekutive folgt am 21. November.

Video des Podiums

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