Die Kirchensynode hat am 5. Juli dem Kirchenrat grünes Licht gegeben für eine Vernehmlassung zu KirchGemeindePlus. Die Kirchenpflegen – und weitere interessierte Kreise – werden bis im Januar 2017 Stellung beziehen und darlegen können, mit welchen Nachbargemeinden sie zusammenarbeiten wollen und wie.

«Die Kommission ist nicht einverstanden damit, dass nur Zusammenschlüsse von Gemeinden in Frage kommen sollen.» Vielmehr müssten die Kirchgemeinden sich in der Vernehmlassung zu verschiedenen Organisationsformen, auch Zusammenarbeit, äussern können. Dies sagte Kommissionspräsident Urs-Christoph Dieterle vor der Kirchensynode. Er eröffnete eine über vierstündige Debatte, in welcher der Wille des Kirchenparlaments, KirchGemeindePlus (KGP) nicht zu stoppen, ebenso deutlich wurde wie tiefgehende Vorbehalte.

Vieles unklar

Der Kirchenrat ging auf den Antrag der Kommission ein. Dadurch bekam er mindestens das Weggli: Die Synode bejahte sein Vorgehen, mittels einer Vernehmlassung zu einer gültigen Übersichtskarte für die Strukturreform zu kommen. Die Kirchgemeinden können bis Januar 2017 zu den im Kartenentwurf vorgeschlagenen Grossgemeinden Stellung nehmen. Zudem verlangte die Kommission, dass der Kirchenrat bis Ende 2016 das «inhaltliche Zielbild» für die geplanten Gemeinden und ihre internen Strukturen (Organisationsmodelle) konkretisiert.

Der GPK-Sprecher begrüsste, dass der Kirchenrat «keine weissen Flecken» lassen will. Die Präsidentin der Finanzkommission befand, es gelte KGP weiterzuführen, auch wenn die finanziellen Auswirkungen nicht absehbar seien. Dann waren die Fraktionssprecher an der Reihe. «Vertraut den neuen Wegen», zitierte Marianne Meier vom Synodalverein ein Kirchenlied. Thomas Grossenbacher gab bekannt, in der Liberalen Fraktion hielten sich Befürworter von Fusion oder Zusammenarbeit die Waage. Die Spannung zwischen Kirchenrat und Gemeinden rufe nach einer Vernehmlassung. Manuel Amstutz von den Religiös-Sozialen betonte, noch werde nicht legiferiert. Man wolle «nicht unter Zeitdruck unausgegorene Beschlüsse fassen». Amstutz kritisierte Druck auf Kirchgemeinden. Die Risiken von KGP müssten auch erwogen werden. «Unsere Identitätsprobleme bleiben.»

Geschichtlich Gewachsenes nicht zerschlagen

Willi Honegger von der Evangelisch-kirchlichen Fraktion EKF argumentierte anders. Er forderte eine Etappierung, damit man von den Erfahrungen bereits fusionierter Gemeinden lernen könne. Er mahnte, lange Gepflegtes nicht gedankenlos zu kappen. Viele Kirchgemeinden bestünden seit 500 Jahren. «Kirchliche Identität ist für sehr viele Mitglieder eng verwoben mit dem Heimatgefühl am Ort.» Mit KGP werde der Kirchenrat auf einen Schlag die Hälfte der Pfarrstellen zuteilen können. «Mich wundert, dass niemand das merkt.»

Die EKF halte das Versprechen einer vermehrten Diversität in Grossgemeinden für einen Mythos, sagte Honegger. Er vermisse die «Leidenschaft, Kirche neu zu denken». Das Unvermeidliche schön zu reden reiche nicht. «Struktur und Inhalt gehören zusammen – sonst nimmt das Fusionieren kein Ende.» Doch, so der EKF-Sprecher ist «Schwachheit für die Kirche keine Schande». Er warnte: «Zerschlagen wir die geschichtlich gewachsenen Strukturen, werden wir sie nie mehr errichten können.»

«Mindestmass an Solidarität»

Daniel Reuter erläuterte die Absichten des Kirchenrates. Er sehe hier «gute Schritte in die Zukunft». Die Kirchensynode könne nun ein verbindliches Mandat geben. Der Kirchenrat gebe klar Zusammenschlüssen den Vorzug – sie seien die zukunftsträchtige Lösung. Im Prozess werde es unattraktive Gemeinden geben. «Wir wollen ein Mindestmass an Solidarität sicherstellen, das sich auch finanziell zeigen müsste. Dass nicht jemand am Wege liegen bleibt.» Über Fusionen werde endlich die Kirchensynode entscheiden. Mit Zeitfenstern bis 2023 sei der vielfach kritisierte Zeitdruck weg. Reuter nicht ohne Pathos: «Wir glauben an die Kraft der reformatorischen Idee in diesem Projekt.»

In der Eintretensdebatte wurden gewichtige Vorbehalte geäussert. Andrea Widmer Graf fragte, wie der Gemeindeaufbau mit Freiwilligen, wie die Mitwirkung vor Ort gesichert werden könne, wenn die geplanten Grossgemeinden «keine selbständigen Substrukturen» haben dürften. Lukas Maurer fand, der Kirchenrat suche eine Lösung grundsätzlich für alle Kirchgemeinden – auch für jene, welche gut unterwegs seien. «Deshalb soll keine Kirchgemeinde zu einer Fusion gewzungen werden, weder jetzt noch 2023.»

Neue Schläuche – neuer Wein?

Thomas Grossenbacher wünschte, die Kräfte der Kirche miteinzubeziehen, die nicht von den Gemeinden ausgehen und in sie hinein wirken. Herbert Pachmann kritisierte das Fehlen von Inhalten. «Es braucht eine theologische Debatte. In neue Schläuche gehört neuer Wein.» Den Rückbau von Kirche zu verwalten, genüge nicht. Huldrych Thomann sah es positiver: «Wenn wir bei den Strukturen alles in Frage stellen, können wir auch inhaltlich einiges bewirken.»

Willi Honegger von der EKF hatte den Antrag gestellt, nicht auf die Vorlage einzutreten. Abgestimmt wurde unter Namensaufruf. Der Antrag fand nur 13 Stimmen. In der Folge ging die Versammlung die 16 Antworten des Kirchenrates auf die im November gestellten Fragen durch. Die künftige Zuteilung von Pfarrstellen gab zu reden. Die Synodalen diskutierten, ob die Kirchensynode zwei von ihrer Kommission formulierte Fragen in der Vernehmlassung platzieren wolle. Diese zu erstellen sei Sache des Kirchenrates, hiess es. Mit einer knappen Mehrheit wurde dies befürwortet.

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