Das gemeinsame Vorgehen der Kirchgemeinden im Bezirk Hinwil stösst weit über seine Grenzen hinaus auf Interesse. Das Pfarrkapitel formulierte 2013 eine Stellungnahme „Zur Zukunft der Kirche“. Pfr. Peter Schafflützel, Fischenthal, schildert hier die weitere Entwicklung:
Nach mehreren von der Bezirkskirchenpflege Hinwil initiierten Dialogabenden zu KirchGemeindePlus kamen im September 2014 Delegierte aus allen Kirchenpflegen, Gemeindekonventen und Pfarrämtern aus dem Bezirk in Wald zu einer Konferenz zusammen, in der über die Zukunft der Kirchgemeinden ausgetauscht wurde. Mit erstaunlich grosser Einmütigkeit wurden Visionen formuliert, Zusammenarbeitsprojekte lanciert und Fusionen zwischen Nachbargemeinden verworfen.
Dagegen war eine grosse Offenheit dafür erkennbar, sich als ganzer Bezirk mit vereinten Kräften den Herausforderungen der Zukunft zu stellen. Starke Kirchengemeinschaften vor Ort, die einander im Rahmen des Bezirks gegenseitig unterstützen und ergänzen und durch zentrale Dienste von administrativem Ballast entlastet werden – ungefähr das war der Tenor, der an der Konferenz zu hören war.
Gemeinsame Visionen
Die gemeinsamen Visionen für das kirchliche Leben im Bezirk Hinwil wurden in neun Sätzen zusammengefasst.
Wir möchten eine Kirche sein …
1. die sich Gottes Gegenwart öffnet und sie sinnlich im Alltag und im Gottesdienst feiert.
2. die sich als von Gott in die Welt gesandte versteht.
3. die im Dorf und im Bezirk präsent ist und sich diakonisch engagiert.
4. welche die Einheit in der Vielfalt pflegt.
5. die das Evangelium selbstbewusst verkündigt und ihr prophetisches Amt wahrnimmt.
6. die im Dialog ist mit der Gesellschaft von heute.
7. die Menschen ermächtigt und begleitet.
8. wo Freiwillige und Profis partnerschaftlich zusammen wirken.
9. in der die Gemeinden miteinander und mit anderen Institutionen in Beziehung stehen.
Zusammenarbeitsprojekte
Viele Kirchgemeinden im Bezirk Hinwil arbeiten in gewissen Bereichen zusammen oder möchten diese Zusammenarbeit ausdehnen. Die Delegierten sprachen sich in fast allen Arbeitsbereichen für verstärkte regionale Zusammenarbeit aus. Dabei kamen viele konkrete Ideen und Projekte zusammen – von vermehrtem Kanzeltausch über gemeinsame Kurse und Ferienangebote bis zur Zusammenlegung administrativer Aufgaben. Ziel dieser Projekte ist, dass Kirchgemeinden wechselseitige Synergien nutzen, um das kirchliche Leben vor Ort zu stärken oder um Kosten zu sparen.
Einige dieser Projekte sind bereits realisiert worden, andere sind noch im Zustand „gute Idee“. Sie werden je von einer an der Konferenz in Wald zusammengestellten Arbeitsgruppe weiterverfolgt. Zur weiteren Unterstützung, Förderung und Koordination dieser Projekte hat der Kirchenrat dem Bezirk eine Projektergänzungspfarrstelle zu 30% bewilligt, die ihre Arbeit im Sommer 2016 aufnehmen soll.
Modelle für eine gemeinsame Struktur
Um den einzelnen Kirchgemeinden im Bezirk den Druck zu nehmen, mit den nächstbesten Nachbargemeinden fusionieren zu müssen, beschlossen die Delegierten an der Konferenz in Wald, die Idee einer Lösung für den gesamten Bezirk zu verfolgen. An einer weiteren Konferenz im Oktober 2015 in Wolfhausen konnte die Projektorganisation dazu ins Leben gerufen werden. Da die Kirchenpflegen zugesagt haben, Fr. 2.- pro Mitglied im Budget 2016 für den KG+Prozess vorzusehen, und auch der Kirchenrat einen Beitrag in Aussicht gestellt hat, konnte für die Leitung des Projektteams ein 25%-Pensum bewilligt werden.
Das Projektteam hat den Auftrag, zwei Modelle zu erarbeiten, wie ein Zusammenschluss der Kirchgemeinden des Bezirks zu einer Rahmenorganisation aussehen könnte. Die beiden Richtungen, die dabei verfolgt werden sollen, sind:
· als Dachverband: ein Zusammenschluss unter Beibehaltung der rechtlichen Form der heutigen Kirchgemeinden
· als Kirchgemeinde: ein Verbund von lokalen Kirchgemeinschaften, die juristisch als eine einzige Gemeinde auftreten.
Kirchliches Leben weiterhin vor Ort
Wichtig und zentral ist allen Verantwortlichen der Kirchgemeinden, dass das kirchliche Leben weiterhin vor Ort stattfinden und sich dort mit je eigenem Profil, ausgehend vom heutigen Gemeindeleben, weiterentwickeln kann. Eine gemeinsame Rahmenorganisation – ob Dachverband oder Gesamtkirchgemeinde – hat dem kirchlichen Leben in den Dörfern und Quartieren zu dienen. Entsprechend sollen die örtlichen Kirchenbehörden für die Gemeindearbeit weiterhin über ein entsprechendes finanzielles Budget verfügen können.
Zu klären wird sein, welche Verwaltungsaufgaben besser lokal und welche effizienter zentral ausgeführt werden, welche Organe dazu notwendig sind, wie die Kompetenzen verteilt werden sollen, und wie die örtlichen Kirchgemeinschaften einander ergänzen, Synergien nutzen und bezirksweite neue Initiativen entwickeln und unterstützen können.
Das Projektteam wird begleitet, überwacht und beauftragt von einer Steuerungsgruppe mit je zwei Delegierten aus jeder der elf Kirchgemeinden. Diese Steuerungsgruppe bestimmt, was den Kirchgemeinden zur Entscheidung vorgelegt werden wird. Zudem steht es jeder Kirchgemeinde frei, sich für die jeweils nächste Prozessphase aus dem gemeinsamen Prozess auszuklinken und sich alleine oder mit Nachbargemeinden zusammen den Herausforderungen der Zukunft zu stellen.
Pfr. Peter Schafflützel, Fischenthal
Zur Zukunft der Kirche – Stellungnahme des Pfarrkapitels Hinwil, Oktober 2013