Im Reformationsjubiläum soll gefeiert werden, was Gott in Jesus Christus zur Rettung der Menschen getan hat. Dies sagte Nikolaus Schneider, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland, am 7. Oktober am Reformationskongress in Zürich.

In einer Gesellschaft, die ihre religiösen Wurzeln leicht vergesse, gelte es, die Kerngedanken der Reformation herauszustellen. Schneider nannte vier Gedanken, deren lateinische Formel ein solus (‚allein‘) aufweist:

• die grundlegende Christuszentrierung – solus christus
• die neu entdeckte Bibelfrömmigkeit – sola scriptura
• die staunenswerte Gnadentheologie – sola gratia
• die befreiende Glaubenskonzentration – sola fide.

Dieser Kern bleibt 500 Jahre nach Luther, Zwingli und Calvin aktuell, wie Schneider ausführte: „Menschen brauchen die Erinnerung an die fundamentale Einsicht der Reformatoren, dass uns der Christusglaube ein Leben ohne Angst, ohne den inneren Zwang zur Selbstrechtfertigung und Selbstüberhöhung schenkt.”

Bewegung mit globaler Wirkung

Mit dem Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund SEK hatte die Evangelische Kirche in Deutschland EKD zum Fachkongress eingeladen; die Zürcher Landeskirche organisierte ihn. Zum erstenmal werden die Kirchen der Reformation ihr Jubiläum gemeinsam feiern.

Die Freude darüber brachte der Initiant, SEK-Ratspräsident Gottfried Locher, in seinem Willkomm an die Gäste aus fünf Kontinenten zum Ausdruck. Der Kongress mache die „gesamteuropäische Dimension der Reformation sichtbar“. Im Miteinander könnten die Protestanten die Schätze der je anderen Traditionen wahrnehmen. Im Blick auf die „Freikirchen, die sich auf die radikale und damals verfolgte Reformationsbewegung berufen“, fordere die 500-Jahr-Feier den Protestanten Selbstkritik ab.

Wovon Protestanten leben

Baron Rowan Williams, bis 2012 Erzbischof von Canterbury, referierte über das Erbe der Reformation und liess dabei ahnen, wie lohnend der Umgang mit ihm ist. Er betonte, dass die Souveränität Gottes, von den Reformatoren proklamiert, den Menschen Freiheit bringt. Die Sprache des reformatorischen Glaubens, so der britische Theologe, ist „geprägt durch Dankbarkeit für unverdiente und nicht verursachte Liebe und Vergebung, Dankbarkeit dafür, dass Gott Gott ist“.

Zürichs historische Stunde

Peter Opitz, Professor für Kirchengeschichte an der Universität Zürich, skizzierte die Dynamik der Schweizer Reformation und die Verdienste der Zürcher Reformatoren Zwingli und Bullinger für das Aufblühen der europäischen Bewegung: „Die Zürcher Reformation ist der Beginn des reformierten Protestantismus und damit die historische Wiege des grössten Teils der Reformations-Bewegung.“ Waren für Luther Gesetz und Evangelium leitende Begriffe, kreiste das Denken der Schweizer um Erwählung und Bund: „Das Evangelium wird vor allem in der Gemeinschaft erfahrbar und es zielt auf Gemeinschaft, auf die Gemeinschaft mit Gott und dann auch mit den Menschen.“

„Wer bin ich?“

Der Kongress hatte mit einem öffentlichen Abendmahlsgottesdienst im Grossmünster begonnen. Kirchenratspräsident Michel Müller predigte zu Apostelgeschichte 11,1-18, dem Bericht des Petrus, dass der Heilige Geist ihn zu Heiden geführt hatte. Müller fragte: „Kann an einem solchen Ort, hier und heute, der Geist Gottes uns auf eine Art begegnen, dass es einen Sturm auslöst?“ Und erwähnte die Herausforderung, das Erbe der Reformation mit den jungen Kirchen, namentlich den Pfingstkirchen, zu bedenken.

Die reformatorischen Kirchen können laut Michel Müller nicht bleiben, was sie sind: „Wir müssen hinaus aus unseren alten Mauern… in die Welt, wie sie nun einmal ist.“ Dafür könne von Zwingli gelernt werden, der dem Geist Gottes die Erneuerung der Kirche zutraute, und von Petrus, der seinen Bericht von der Grenzüberschreitung abschloss mit dem Satz: „Wer bin ich, dass ich Gott hätte in den Weg treten können?“

Ausführlicher Bericht zum Reformationskongress mit Links  
SEK-Website zum Kongress
EKD-Website zum Kongress

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