Kirchenratswahl um Wochen verschoben

6. April 2023 – Die Kirchensynode hat am 28. März eine Verschiebung der Kirchenratswahl vom frühen auf den späten Herbst beschlossen. Abgelehnt wurde eine kirchliche Werbeaktion mit dem Ziel, das Reden über Gott in die Öffentlichkeit zu tragen. Mehrere Vorstösse wurden überwiesen, unter anderem zur freien Wahl der Kirchgemeinde. Der Kirchenrat beantwortete Fragen zur kommenden Kürzung von Pfarrstellen. Zum erstenmal tagte die Synode in der zum «Rathaus Hard» umgebauten Bullingerkirche.

Am meisten Zeit verwandte die Kirchensynode auf die Frage, wann künftig der Kirchenrat gewählt werden soll. Synodale, die 2019 eingetreten waren, hatten bemängelt, in der konstituierenden Sitzung gleich den Kirchenrat wählen zu müssen, ohne Kenntnis der Kandidaten. Nun lagen zwei Motionen und ein Antrag des Synodebüros auf dem Tisch: die Wahl für die vierjährige Amtszeit sei zwei Jahre, sechs Monate oder knapp zwei Monate nach der konstituierenden Sitzung anzusetzen.

Als vierte Option hatten die Synodalen die bisherige Regelung, welche (wie der Büroantrag) die Amtszeiten von Legislative und Exekutive zusammenfallen lässt.

Barbara Bussmann, Vizepräsidentin der Synode, erläuterte den Antrag des Büros.

In einer längeren Diskussion wurde der Wunsch neuer Synodaler, in die Meinungsbildung für die Kirchenratswahl eingebunden zu werden, gegen die Nachteile einer Verschiebung abgewogen. Barbara Bussmann, erste Vizepräsidentin der Synode, sprach sich dafür aus, erst einmal mit der kleinen Verschiebung Erfahrungen zu sammeln. Manuel Amstutz erklärte sich mit dem Abschreiben seiner Motion (Verschiebung um sechs Monate) einverstanden.

Argumente für die Verschiebung um zwei Jahre nicht geprüft: Oliver Pierson.

Ernsthaft geprüft?
Olivier Pierson, Motionär für die zweijährige Verschiebung, kritisierte das Büro, es habe diese nicht ernsthaft geprüft und ungefragt einen Gegenantrag gestellt. Giorgio Girardet mahnte, das Kirchenparlament solle sich selbst nicht allzu wichtig nehmen. «Wir sind eine schrumpfende Kirche.» Ruth Derrer Balladore, Präsidentin der Liberalen Fraktion, welcher Pierson angehört, wandte sich gegen das «Büro-Bashing». Der Kirchenrat solle nicht zwei Jahre in den Wahlkampf-Modus geschickt werden.

Nach weiteren Voten wurde die Motion Amstutz mit 95 zu 5 Stimmen abgeschrieben, die Motion Pierson mit 69 zu 28 Stimmen. Der Antrag des Büros fand eine Mehrheit und wurde in der Schlussabstimmung mit 61 zu 40 Stimmen bestätigt. Die Kirchenratswahl wird künftig nicht mehr in der konstituierenden Versammlung der Synode, sondern in der ihr folgenden Sitzung Ende November stattfinden.

(Fürs Präsidium, das an jenem Tag zuerst bestimmt wird, kandidiert neben dem seit 2011 amtierenden Michel Müller die religiös-soziale Kirchenrätin Esther Straub. Anstelle des zurücktretenden Bernhard Egg hat die rsf Eva Schwendimann nominiert. Die EKF hat Bruno Kleeb wieder nominiert; die Liberalen haben noch keinen Entscheid getroffen.)

500 Jahre nach den Disputationen – keine Disputation
Das Jubiläum 500 Jahre Reformation wurde in der Kirche und landesweit bereits 2017-2019 begangen, aufgrund der Ereignisse in Wittenberg 1517. Wie sollte nun der Weichenstellung zur Zürcher Reformation, konkret der beiden Disputationen von 1523, gedacht werden?

Sie gab nicht mehr zu reden. Denn der Kirchenrat zog seinen Antrag auf ein dreitägiges Disputationsfestival im Podcast-Format zurück, nachdem sich die vorberatende Kommission einstimmig dagegen ausgesprochen hatte. Sie kritisierte namentlich die Beliebigkeit der vorgeschlagenen Inhalte. Dass das Konzept nicht ausgereift war, räumte Kirchenratspräsident Michel Müller ein. Das ursprüngliche Vorhaben, ein zweiwöchiges Kulturfestival auszurichten, war 2022 nach dem Ja der Kirchensynode im Stadtzürcher Kirchgemeindeparlament gescheitert.

Keine reformierte Werbeaktion
Am Nachmittag behandelte die Synode – das Ende der Amtszeit naht – diverse Vorstösse. Die EKF verlangte mit einer Motion eine kirchliche Werbeaktion, damit man in der Öffentlichkeit mehr über Gott rede. Hanspeter Friedli kritisierte, der Kirchenrat habe seinem ersten Legislaturziel «Über Gott reden» keine Taten folgen lassen. Der Sprecher des Kirchenrats Bruno Kleeb sagte, dieser begrüsse das Anliegen, wolle es aber ohne die Vorgaben der Motion (Plakataktion als Schwerpunkt) bearbeiten. Seinen Vorschlag, den Vorstoss als unverbindliches Postulat entgegenzunehmen, mochte der Motionär Hanspeter Friedli nicht annehmen. Die Motion wurde mit 32 zu 66 Stimmen bei zwei Enthaltungen abgelehnt.

Andere Vorstösse in Postulatsform wurden von der Synode mit Einverständnis des Kirchenrats überwiesen: Die freie Wahl der Kirchgemeinde, die Steigerung der Attraktivität des Berufs Sozialdiakon, der Aufschub des Austritts aus dem Pfarrdienst und die Vertretung des Gemeindekonvents an Kirchenpflegesitzungen.

Hanspeter Friedli vertrat die Motion für die Werbeaktion. Hinten die Synodalen der EKF.

50 Jahre Leuenberger Konkordie
Auf dem Leuenberg bei Hölstein BL wurde am im März 1973 die Kluft zwischen den Kirchen der Reformation überbrückt, die nach dem Nein Luthers zu Zwinglis Abendmahlslehre 1529 aufgegangen war. In der sogenannten Leuenberger Konkordie hielten die beteiligten evangelischen Kirchen das Verbindende fest: Sie anerkannten gegenseitig die Ordination und gewährten einander Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft.

Zum 50-Jahr-Jubiläum hörte die Synode drei Grussworte: Heinrich Rusterholz, 1973 beteiligt, schilderte die Vorgeschichte und den Prozess, der zur Übereinkunft führte. Thomas Wipf, nach ihm Ratspräsident des Kirchenbundes, profilierte die «Vielfalt in versöhnter Verschiedenheit» gegen das römisch-katholische Ökumeneverständnis: «Wir sind längst auf dem synodalen Weg.» Er schlug den Bogen zum interreligiösen Gespräch («different faiths – common action») und wünschte den Reformierten mehr «Selbst-Bewusstsein».

Die amtierende EKS-Präsidentin Rita Famos schilderte, wie die Schweizer Reformierten in der Gemeinschaft der Evangelischen Kirchen Europas GEKE derzeit die Meinungsbildung zu Ehe und Sexualität beeinflussen. Sie äusserte, Unterschiede hielten «die Diskussion und die Weiterentwicklung» der Kirchen am Leben.

Heinrich Rusterholz schilderte den Weg der Protestanten Europas zur Übereinkunft 1973.
Frühling in Sitzberg. Die Kirchgemeinde gehört zu den kleinsten des Kantons.

Kürzung von Pfarrstellen
In der Fragestunde beantwortete der Kirchenrat Fragen zu den digitalen Daten, zum Mietwertanteil von Pfarrhäusern und zum Vorgehen in den Bestrebungen für den Klimaschutz. Zudem hatte Theddy Probst gefragt, wie bei der für 2024 beschlossenen Kürzung von Pfarrstellen in mittelgrossen Kirchgemeinden ein Abbau der Leistungen verhindert werden könne. Und ob mit einem Aufschub der Kürzungen der Unzufriedenheit in den Gemeindem zu wehren wäre. Im Plenum zitierte er das Schreiben der Präsidentin einer Kirchgemeinde, wonach das Kürzen des Pfarrpensums ihrer Weiterentwicklung diametral entgegensteht.

Michel Müller antwortete, der Kirchenrat werde nächstens informieren, und verwies auf die Kirchenordnung. Das Quorum (Zahl der Mitglieder für eine volle Pfarrerstelle, aktuell 1550) werde auf den gesamten Kanton berechnet. Die kleinsten zehn Kirchgemeinden (< 775 Mitglieder) seien aufgrund der 2018 beschlossenen Sonderregelung auf Dauer bevorteilt. Die mittelgrossen Kirchgemeinden hätten von einer Übergangsregelung profitiert, welche 2024 auslaufe.

Von den 16 Gemeinden mit 1499-2000 Mitgliedern dürften vier je 10 Prozent und zwölf 20 je Prozent verlieren. Der Kirchenrat werde der Synode bald «eine Senkung des Quorums beantragen, damit es zu deutlich weniger Stellenkürzungen insgesamt kommen soll, als dem Mitgliederverlust in den letzten vier Jahren entsprechen würde». Die Synode könne da dem Kirchenrat Stellenprozente zur Verfügung stellen, um personelle Härtefälle abzufedern.

Kirchenrat Bernhard Egg warf Schlaglichter auf die Hilfe, welche Kirchgemeinden und die Landeskirche ukrainischen Flüchtlingen leisten. Das Tandem-Programm, welches die Reformierten im Auftrag des Kantons in vier Bezirken durchführen können, sei eben um vier Jahre verlängert worden. Die Eins-zu-Eins-Begleitung von 160 Personen könne so weitergeführt werden.

Die Kirchensynode tagte erstmals im Saal der umgebauten Bullingerkirche.

Ohne Vertrauen geht nichts
In einer persönlichen Erklärung beklagte der Schreibende die «gottlose Gier und Grossmannssucht», welche zum Untergang der Credit Suisse geführt habe. Die Grossbank habe das Vertrauen verloren – ein Beleg für die Brüchigkeit der säkularen Moderne. Er schloss die Frage an, ob auch die Kirche sich um den Vertrauensverlust ihr gegenüber Sorgen machen sollte. Allein der Glaube an Jesus Christus, das Vertrauen auf ihn, den Gekreuzigten und Auferstandenen, den Herrn, sei die Basis für echte Hoffnung. «Werden wir Ostern dieses Jahr bewusster und ehrfürchtiger feiern?»

Fraktionspräsidenten geehrt
Matthias Reuter (Synodaler seit 1995) und Willi Honegger (seit 1996) hatten über ein Jahrzehnt dem Büro der Synode angehört. Mit den beiden langjährigen Fraktionspräsidenten von rsf und EKF ehrte die Synodepräsidentin Simone Schädler auch Eva Ebel, die seit 2015 den Synodalverein geleitet hat.

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