Was tun wir, um Christen in Lebensgefahr zu retten? Die Kirchensynode vom 26. November hörte einen Bericht von der furchtbaren Bedrängnis der Christen in Syrien. Sie sind der Gewalt weitgehend schutzlos ausgeliefert und haben wenige Zufluchtsorte. Neben dem Budget 2014 und den weiteren finanziellen Perspektiven gaben in der Herbstversammlung die Mühen des Kirchenbunds mit der Verfassungsrevision, die Fusion zweier Weinländer Kirchgemeinden und neue Gemeindeformen zu reden.

Die Lage der Christen in Syrien ist katastrophal; uralte Gemeinschaften sind von Vernichtung bedroht. „Wir erleben sehenden Auges einen neuen Genozid an Christen“, sagte Wolfgang Schwaigert, der auf Einladung der Kirchensynode zur Lage referierte. Der Württemberger Theologe und Islamwissenschaftler rief dazu auf, viel mehr zur Unterstützung syrischer Christen zu tun und grosse Kontingente hierzulande aufzunehmen.

Endzeit für Syriens Christen

„Es kann sein, dass es in einigen Jahren in Syrien keine Christen mehr gibt“, sagte Wolfgang Schwaigert im Zürcher Rathaus. Sie seien die Hauptverlierer des Bürgerkrieges, litten unter Anschlägen und Überfällen, Erpressung und Raub, Mord und Vergewaltigungen. Von zuvor 1,5 Mio. Christen seien angesichts der Untaten der Islamisten bereits 450‘000 geflohen, die meisten in den Libanon, da sie in den Camps der arabischen Nachbarländer Übergriffe von Muslimen zu fürchten hätten.

Laut Schwaigert sind in zwei Diözesen alle Kirchen zerstört und die Christen vertrieben worden. Eindringlich appellierte er an die Synodalen, die in Syrien Verfolgten zu unterstützen. Es dürfe nicht sein, was ein Flüchtling in eine Kamera sagte: dass sich der Westen nicht für die orientalischen Christen interessiere. (Zu Ägypten nannte die Synodale Annelies Hegnauer, die aus der SEK-Abgeordnetenversammlung berichtete, eine erschreckende Zahl: Inzwischen sollen über 100‘000 christliche Familien das Land am Nil verlassen haben.)

Neue Gemeindeformen fördern – aber wie?

„Fresh expressions of Church“ sind neuartige Gemeinschaften, welche die anglikanische Church of England in ihrer Eigenständigkeit anerkennt und unterstützt. In der Antwort auf eine Interpellation von Peter Schmid legte der Kirchenrat dar, wie er fresh expressions bereits fördert. Unter anderem geschieht das durch Mitarbeit in einem Netzwerk.

Der Kirchenrat „begrüsst, wenn im Rahmen der kirchlichen Arbeit Initiativen entstehen, die eine kontextuelle Gestalt von Kirche explorieren“ (kontextuell = auf eine Lebenswelt, einen bestimmten Kontext bezogen). Es sei „sinnvoll über Gestalten von Kirche nachzudenken, die Menschen ohne jeglichen Bezug zu Kirche in Berührung bringen mit dem Evangelium“.

Der Interpellant fand in der Kirchensynode, ein Anfang sei gemacht, doch es brauche mehr als Papiere und Tagungen. Es gehe darum, „leidenschaftliche Menschen, kantige, vielleicht schräge Christen, eben Pioniere“ zu fördern. Notwendig sei ein Klima, in dem sie sich vorwagen könnten, auch wenn es noch kein Konzept der lokalen Kirchgemeinde gebe (was der Kirchenrat zur Bedingung macht).

Fresh expressions seien „nicht verlängerte Arme oder milieugerechte Aushängeschilder oder Angebote der Kirchgemeinden, auch nicht Profilgemeinden“, sondern unabhängige Gemeinschaften eigener Art, sagte Peter Schmid. „Nur in dem Mass, wie wir ihnen diesen eigenen Weg zugestehen, können sie sich entfalten und ihren Beitrag zur Erfüllung unseres Auftrags leisten.“ Die Kirchensynode mochte das Potenzial von fresh expressions nicht weiter erörtern, nachdem der Sprecher der liberalen Fraktion geäussert hatte, das Thema sprenge den zeitlichen Rahmen.

Budget 2014 im Zeichen des Sparens

Die Landeskirche erhält aufgrund ihres Mitgliederrückgangs vom Kanton 2014 einen um 600‘000 Franken verminderten Beitrag. Den Verantwortlichen wurde dies erst vor kurzem mitgeteilt; sie hatten den Voranschlag der landeskirchlichen Zentralkasse mit einer roten Null erstellt, ohne Kenntnis davon zu haben (Gesamtaufwand auf Rekordhöhe von 107 Mio. Franken). Zu reden gab in der Kirchensynode das geringe Eigenkapital, das nicht nur der Finanzkommission Sorge macht. Doch folgten die Synodalen nach längerer Diskussion dem Kirchenrat in einer Senkung des Beitragssatzes der Kirchgemeinden um 1.56 Prozent (gegen den Antrag der religiös-sozialen Fraktion).

Der Synodale Viktor Juzi bezeichnete die Senkung als wichtiges Zeichen. Der Kirchenrat sei zu unterstützen, wenn er zugunsten der Kirchgemeinden den Gürtel enger schnalle. „Wir müssen sparen“, betonte der für die Finanzen zuständige Kirchenrat Fritz Oesch. 2014 steht die Volksabstimmung zur Abschaffung der Kirchensteuer juristischer Personen an; der Kirchenrat legte in der Fragestunde dar, was Kirchgemeinden tun können. Der Finanzplan für die Jahre bis 2018 wurde mit einigen Enthaltungen zur Kenntnis genommen.

Zürcher Kirche – Schweizer Reformierte

Kirchenratspräsident Michel Müller kam vor der Kirchensynode kurz auf die laufende Verfassungsrevision des Kirchenbundes SEK zu sprechen. Der Zürcher Kirchenrat hat in der Vernehmlassung wesentliche Punkte des Entwurfs abgelehnt. Das schweizerische reformierte Kirchenverständnis sehe keine Bundesebene vor, sagte Müller. So sei der SEK (gemäss politischer Analogie) wie ein Staatenbund, nicht wie ein Bundesstaat auszugestalten. Eine landesweite Synode einzurichten macht für den Kirchenrat Sinn. Doch dürfe diese die kantonalen Synoden nicht überstimmen können.

Der Entwurf der neuen Verfassung nehme wesentliche Anliegen auf, räumte Müller ein. Die Vertretung der Zürcher Kirche, welche gemessen an den finanziellen Beiträgen zu schwach ist, soll gestärkt werden. Ob sich die Schweizer Reformierten auf ein verbindlicheres Miteinander verständigen können, bleibt offen. Im Blick aufs Reformationsjubiläum ist dies brisant. Denn die Kirchen im Lande Zwinglis, Bullingers und Calvins werden international als „die Wächter des Erbes“ der Reformation gesehen – so zitierte Müller den abtretenden Generalsekretär der Weltweiten Reformierten Kirchengemeinschaft, Setri Nyomi.

Fusion von kleinen Weinländer Kirchgemeinden

Ohne Gegenstimme billigte die reformierte Kirchensynode den Zusammenschluss der Kirchgemeinden Altikon-Thalheim und Ellikon an der Thur zur Kirchgemeinde Altikon-Thalheim-Ellikon. Die neue Kirchgemeinde zählt rund 1450 Mitglieder. Gemäss kirchenrätlichem Bericht liegt die Vereinigung von kleinen Kirchgemeinden zu grösseren Einheiten auf der Linie des 2012 lancierten Projekts KirchGemeindePlus.

In der Kirchensynode wurde die Vermutung geäussert, der Kirchenrat habe Druck ausgeübt. Kirchenrat Bernhard Egg, der an Gesprächen teilgenommen hatte, betonte dagegen, die Verantwortlichen hätten „den Weg aus eigener Überzeugung und Einsicht gewählt“. In den Augen des Kirchenrats hat der Zusammenschluss Vorbildcharakter für weitere Kirchgemeinden; die Erfahrungen sollen in einen Leitfaden einfliessen. Der Kirchenrat wolle mit diesen Gemeinden Zuversicht empfinden, sagte Michel Müller. „Wir lernen, wie es gehen kann, wenn man will.“

Keine PUK für Helmuth Werner

In der Synodesitzung vom 17. September 2013 forderte der Synodale Helmuth Werner, provisorisch im Amt eingestellter Kirchenpflegepräsident der Kirchgemeinde Zürich Industriequartier, die Einsetzung einer Parlamentarischen Untersuchungskommission. Das Büro der Kirchensynode hat das Anliegen geprüft. Synodepräsident Kurt Stäheli teilte mit, die gesetzlichen Grundlagen für eine PUK fehlten. Die Angelegenheit müsse im Rahmen der laufenden Verfahren geklärt werden.

 

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