Am 15. September hat sich die Kirchensynode für die Amtsdauer 2015-19 konstituiert und den Kirchenrat gewählt. Neben den bisherigen fünf Kirchenräten wurden Katharina Kull und Esther Straub gewählt.

Die Betriebsökonomin Katharina Kull-Benz, Gemeindepräsidentin von Zollikon und FDP-Kantonsrätin, erhielt 63 Stimmen. Die Liberale Fraktion der Kirchensynode hatte sie fürs frei werdende Finanzressort vorgeschlagen. Mit derselben Stimmenzahl wurde die Kandidatin der Religiös-sozialen Fraktion, die Schwamendinger Pfarrerin und SP-Kantonsrätin Esther Straub gewählt. Als dritte Frau stand Marlies Petrig, von Synodalen der anderen Fraktionen Ende Juli portiert, zur Wahl. Die Pflegemanagerin und Co-Präsidentin des Stiftungsrats der Sieber-Werke unterlag mit 61 Stimmen knapp.

120 Synodale wählten im Rathaus die landeskirchliche Exekutive. Zuerst wurde das Präsidium bestellt: Dem seit 1. Mai 2011 amtierenden Pfarrer Michel Müller gaben bloss 86 Synodale ihre Stimme. Mit den drei Frauen stellten sich dann vier bisherige Kirchenräte zur Wahl und wurden bestätigt: Bernhard Egg (109 Stimmen), Andrea Marco Bianca (88), Thomas Plaz-Lutz (86) und Daniel Reuter (83).

Als das Resultat der Wahl bekannt wurde, brachen die Vertreterinnen feministischer Kreise und Weggefährtinnen von Esther Straub auf der Tribüne in Jubel aus. Sie hatten in den vergangenen Wochen heftig für die Schwamendinger Pfarrerin lobbyiert, mit Schützenhilfe reformierter Medien.

Die Religiös-soziale Fraktion (RSF) verfolgte das Ziel, nun eine feministische Theologin in den Kirchenrat zu bringen. Esther Straub sei erst die zweite Pfarrerin im Gremium seit der Reformation, betonte der RSF-Präsident Matthias Reuter. Er lobte das „wohltuend moderne Familienbild“, das Straub, ihr Mann und die Kinder abgäben, und hob hervor, sie habe als Vize-Dekanin in Zürich „massgeblich die Reformen in der Stadt begleitet und unterstützt“. Sie sei „äusserst kollegial“ und führungserfahren.

Kommentar

Wie ist die Wahl zu bewerten? Dass fortan fünf Theologen (der Kirchenratsschreiber eingeschlossen) zusammen mit einer Ökonomin, einem Juristen und einem Verwaltungsfachmann die Zürcher Landeskirche leiten, wirkt unpassend im säkularen Zürcher Umfeld. Es befremdet angesichts der reformierten Tradition, die Nicht-Theologen Leitungsverantwortung gibt, und verletzt die ungeschriebene Regel, dass Geistliche nicht die Mehrheit stellen dürfen.

Die akzentuierte Pfarrermehrheit scheint nicht zielführend bei den grösseren Herausforderungen, welche im Rat ein breites Spektrum von Kompetenzen und vielfältige Beziehungsnetze wünschbar machen. Doch vom rauheren gesellschaftlichen Klima war in den Lobreden auf die Kandidatinnen im Rathaus nichts zu hören. Der Diakonie- und Pflegeexpertin Marlies Petrig, die den Cevi Schweiz präsidierte, den Sieber-Werken durch die Krise half und derzeit Pflegedienste mit 500 Angestellten und Lernenden leitet, wurde die politische Theologin mit Doktortitel aus der kriselnden Stadtkirche vorgezogen.

Die Kirchensynode hat nach der Ausarbeitung der Kirchenordnung 2009 ein weiteres Mal das Profil der Pfarrerkirche geschärft. Als ob das Übergewicht der Theologen in der Leitung der Kirche Zwinglis erkennbare Vorteile brächte. Trüge die feministische Theologie zur Lösung der drängenden Fragen im Reformprozess KirchGemeindePlus bei, wäre immerhin etwas erreicht. Doch brauchen wir dafür, was eine Unterstützerin Straubs mit ihrer Wahl gefördert sieht: „mehr Genderbewusstsein“?

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