Kirchgemeinden entlastet, Pfarrer gewarnt

6. Dezember 2019 – Die Kirchgemeinden müssen 2020 weniger an die Zentralkasse der Landeskirche abgeben. Die Kirchensynode vom 26. November beschloss einen ermässigten Beitragssatz. Für das Budget 2020 wird ein leichtes Minus als tragbar erachtet. Die Fabrikkirche Winterthur wird im kommenden Jahr nicht unterstützt. Der Kirchenrat will künftig Äusserungen, die von Homosexuellen als diskriminierend empfunden werden, ahnden.

Die Kirchensynode genehmigte die Entlastung der Kirchgemeinden beim Jahresbeitrag an die Zentralkasse um etwa 3 Prozent gegen den Widerstand aus der religiös-sozialen Fraktion. Deren Sprecher sahen Rot beim resultierenden Ausgabenüberschuss; das Eigenkapital werde schmelzen wie Schnee an der Sonne.

Entlastung für Kirchgemeinden: Kirchenrätin Katharina Kull.

Kirchenrätin Katharina Kull verwies auf die hohen Überschüsse der vergangenen Jahre. Damit sei das Eigenkapital der Landeskirche auf über 50 Millionen angewachsen. Gerhard Hubmann, Präsident der Finanzkommission, wandte sich dagegen, dass die Kirche als öffentlich-rechtliche Körperschaft grössere Reserven als nötig anhäuft. Der von 3.2 auf 3.1 gesenkte Beitragssatz sollte daher einige Jahre Bestand haben. Die Synodalen genehmigten den tieferen Beitragssatz knapp, mit 55 Ja zu 50 Nein bei vier Enthaltungen.

Höhere Latte für die Fabrikkirche Winterthur
Beim Budget wurde über zwei Posten gestritten: die Fabrikkirche Winterthur und Seelsorge an Suizid-Betroffenen. Die Fabrikkirche war 2006 durch Beschluss der Kirchensynode lanciert worden wie die Zürcher Streetchurch; anders als jene wurde sie keine Jugendkirche und auch nicht später dem Stadtverband übergeben. Kirchenrat Bernhard Egg würdigte das Engagement der aktuell Verantwortlichen. Allerdings stelle sich die Frage, ob die Landeskirche die Aktivitäten der Fabrikkirche nach dem Wegzug aus dem Sulzer-Areal, nun im Restaurant «Akazie», weiterhin wesentlich mitfinanzieren solle (mit 160‘000 Franken).

Die Angebote seien vielfältig, sagte Bernhard Egg; dem Kirchenrat erscheine die Fabrikkirche als ein «heterogenes Gemisch von Zentrumskirchgemeinde, fresh expression und Diakonie». Für die Aufnahme ins Budget hätten wesentliche Entscheidungsgrundlagen gefehlt. Der Stadtverband habe das Gesuch für 2020 erst nach Termin eingereicht. Mehrere Synodale plädierten für die Unterstützung der Fabrikkirche; Hans Martin Aeppli meinte, ein Nein dürfte ihr Aus bedeuten. Auf die kontroverse Diskussion folgte ein Zufallsentscheid: 48 Synodale votierten für die weitere Unterstützung, 50 dagegen, bei zehn Enthaltungen.

Wenn die Mutter sich umbringt…
Zur Seelsorge an Suizid-Hinterbliebenen beantragte Michael Wiesmann einen wiederkehrenden Beitrag von 15‘000 Franken an den Verein Trauernetz (vgl. Debatte am 2. Juli 2019). Die Selbsthilfegruppe für Menschen, die einen Elternteil durch Suizid verloren haben, sei professionell zu betreuen. Dies gewährleiste der vom früheren Jugendbeauftragten der Stadtkirche Jörg Weisshaupt aufgebaute Verein, sagte Wiesmann. Kirchenratsschreiber Walter Lüssi wandte sich mit dem Verweis auf laufende Gespräche gegen den Antrag, doch die Synodalen bewillligten die Unterstützung mit 66 zu 35 Stimmen.

Die Turmkrone des Grossmünsters im Abendlicht.

Tiefere Staatsbeiträge
Insgesamt rechnet die Landeskirche für 2020 mit Erträgen von 104,6 Millionen Franken, davon 67,5 Millionen von Kirchgemeinden und 25,6 Millionen aus Staatsbeiträgen. Dieser letzte Betrag ist tiefer aufgrund der geringeren Mitgliederzahl – was die Einsparung bei den Personalkosten (weniger Pfarrstellen, doch Stufenanstieg) wieder aufhebt. Für die IT-Infrastruktur, in die Jahre gekommen, will die Landeskirche 1,2 Millionen Franken ausgeben.

Neu im Budget sind ein Innovationskredit für Projekte in Kirchgemeinden in Höhe von 500‘000 Franken und ein «Strategiekredit». Zudem plant der Kirchenrat ein Soziallabor zur besseren Nutzung kirchlicher Liegenschaften. Der gesamte Sachaufwand erhöht sich gegenüber dem letztjährigen Budget von 9 auf 11 Millionen Franken. Für KirchGemeindePlus sind 1,1 Millionen Franken eingesetzt. Der Voranschlag passierte mit wenigen Gegenstimmen.

Kein theologisches Sekretariat mehr
Nach der Pensionierung von Matthias Krieg wird der Kirchenrat kein theologisches Sekretariat mehr haben. Bemühungen um Bildung in mehr Lebenswelten sollen neu gebündelt werden in einem «RefLab». Wie Kirchenrat Andrea Bianca ausführte, wollen seine Betreiber neue Ideen ausprobieren und ihre Kommentare zu aktuellen gesellschaftlichen Debatten in die Sozialen Medien tragen. Die Kerngruppe sei höchst motiviert. Es gehe darum, das Christliche begreifbarer und erlebbar zu machen.

In einer persönlichen Erklärung resümierte Peter Fischer, was er und Karl Stengel über die angelegten Gelder der Landeskirche erfahren hatten. (Die Einsicht mussten sie vor Bundesgericht erstreiten.) «Nicht überall wo Grün draufsteht, ist auch Grün drin», sagte Fischer zum Portefeuille 2016/17. Man könne nicht sagen, dass die Landeskirche die Gelder nach grünen, ökologischen oder sozialen Kriterien anlege. «Bisher war der grüne Güggel ziemlich farblos.»

Gewissensnot bei Amtshandlungen: Kirchenrat Andrea Bianca.

Wann werden Homosexuelle diskriminiert?
Auf Fragen zu Äusserungen über Homosexualität antwortete Kirchenratspräsident Michel Müller. Er sagte, ein homosexuell orientierter Mensch müsse die Aussage, Homosexualität sei Sünde, «als grundsätzliche Abwertung seines Daseins hören und empfinden». So zu reden sei – trotz den einschlägigen Bibelstellen – theologisch und seelsorglich unverantwortlich und mit dem Ordinationsgelübde nicht zu vereinbaren.

Müller berief sich auf das Diskriminierungsverbot in der Verfassung des Kantons und der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz. «Der Kirchenrat will – soweit es in seiner Zuständigkeit liegt – das Nötige unternehmen, sollten Kirchgemeinden oder Amtspersonen sich diskriminierend verhalten.» Bezirkskirchenpflegen und Dekanate dürften solches Verhalten nicht dulden. Der Kirchenrat werde in erster Linie darauf abstellen, wie Betroffene solche Äusserungen wahrnehmen, sagte Michel Müller.

Zur Gewissensfreiheit von Pfarrpersonen sagte Kirchenrat Andrea Bianca in der Antwort auf eine weitere Frage, die Kirchenordnung spreche nicht von einer allgemeinen Gewissensfreiheit. Pfarrpersonen seien an das Ordinationsgelübde gebunden. Aus individueller Gewissensnot dürften sie eine Amtshandlung ablehnen. Sie könnten dies mit ihrer Bibelauslegung begründen, hätten aber zugleich ihre theologische Verantwortung wahrzunehmen. Sie hätten sich mit dem Dekan in Verbindung zu setzen, um eine andere Pfarrperson zu finden, welche die Amtshandlung durchführt.

Weniger Pfarrstellen
Eine dritte Frage betraf die Stellungnahme der Landeskirche gegenüber der Konzernverantwortunginitiative. Im übrigen nahm der Kirchenrat zwei Postulate (religionspädagogische Internetplattform Pfefferstern, Denkmalschutz und Klimaschutz) zur Bearbeitung an.

Die Kirchensynode genehmigte die Abrechnung über die Aufwertung des Areals im Kloster Kappel und den Rahmenkredit für die Pfarrstellen in der Amtsdauer 2020-2024. Die Landeskirche wird neu noch Pfarrstellen im Umfang von 257 Vollzeitstellen haben. Nach der 2018 beschlossenen Teilrevision der Kirchenordnung erhalten grosse Kirchgemeinden einen grösseren Anteil daran; Dutzende kleiner Kirchgemeinden verlieren Prozente. Der Kirchenrat hatte die Zuteilung Anfang November mitgeteilt; in der Sitzung am 26. November war sie kein Thema.

Geschäfte der Kirchensynode auf: www.zhref.ch/kirchensynode[/fusion_builder_column][/fusion_builder_row][/fusion_builder_container]

Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.
Menü